Aliyev: Fünf verschiedene
Medikamente nachgewiesen

Darunter zwei verschiedene Schlafmittel in Leichnam von kasachischem Ex-Botschafter

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Ermittlung - Aliyev: Fünf verschiedene
Medikamente nachgewiesen

Der Direktor des Gerichtsmedizinischen Instituts der Medizinischen Universität Innsbruck, Richard Scheithauer, fand bei seiner toxikologischen Untersuchung Spuren von Zolpidem und Bromazepan. Beide sind als Schlafmittel bekannt. Bromazepan, das zur Gruppe der Benzodiazepine gehört, wird von der Medizin auch gegen akute Angstzustände und als Beruhigungsmittel eingesetzt. Daneben ließen sich der schmerzstillende und fiebersenkende Arzneistoff Paracetamol sowie zwei Medikamente nachweisen, die der ehemalige kasachische Botschafter in Wien gegen seine Diabetes sowie gegen Bluthochdruck verschrieben bekam.

Kein Hinweis auf Barbiturate

Dagegen bestätigten sich die Ergebnisse eines unmittelbar nach dem Leichenfund durchgeführten Schnelltests des Wiener Departments für Gerichtsmedizin nicht, der noch Hinweise auf Barbiturate im Blut Aliyevs ergeben hatte. Die Derivate der Barbitursäure sind als Betäubungsmittel einsetzbar. Diese Substanzklasse ist in Österreich als Medikament fast gänzlich verboten.

Die nun vorliegende Expertise fand keine Hinweise auf Barbiturate, wobei es Manfred Ainedter, der langjährige Rechtsbeistand Aliyevs, "aufklärungsbedürftig" findet, "dass im toxikologischen Gutachten kein Bezug zu dem Schnelltest genommen wird". Abgesehen davon fordert Ainedter im Hinblick auf den nunmehr erbrachten Nachweis von zwei unterschiedlichen Schlafmitteln weitere und vor allem eingehendere Untersuchungen, zumal der toxikologische Sachverständige darauf hinweise, dass sich Zolpidem und Bromazepan in ihrer Wirkung "gegenseitig verstärken".

Es sei unabdingbar, jetzt auch das asservierte Leber-, Lungen-, Nieren- und Fettgewebe, den Mageninhalt und die Haare genauestens zu untersuchen, um die Todesursache zweifelsfrei zu klären, verlangte Ainedter. Die Staatsanwaltschaft müsse ihr Versprechen wahr machen, umfassend in alle Richtungen zu ermitteln. Dass mit Scheithauer zur Klärung der Todesursache ein Gutachter bestellt wurde, der auch im Doppelmord-Verfahren gegen Aliyev schon als toxikologischer Sachverständiger fungiert hatte, bezeichnete Ainedter als irritierend: "Das beweist die mangelnde Sensibilität der Staatsanwaltschaft."

Für Staatsanwaltschaft "keine Auffälligkeiten"

Für die Wiener Anklagebehörde enthält das toxikologische Gutachten "keine Auffälligkeiten", wie Behördensprecherin Nina Bussek gegenüber der APA betonte. "Die genannten Wirkstoffe konnten festgestellt werden, entsprechen in ihrer Menge aber einer Medikation", so Bussek. Aliyev habe in der Justizanstalt wegen diverser gesundheitlicher Probleme mehrere Medikamente verschrieben bekommen.

Die Anklagebehörde, die von Amts wegen die Umstände des Aliyev-Ablebens prüft, wartet jetzt vor allem auf das zweite, noch nicht vorliegende Obduktionsgutachten, das beim Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen in Auftrag gegeben wurde. Davon dürfte abhängen, ob weitere Erhebungen in die Wege geleitet werden.

Zuvor hatten am Freitag in einem Prozess um eine angebliche Erpressung Aliyevs - zwei Mithäftlinge sollen den früheren Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew nach Verhängung der U-Haft unter Druck gesetzt und Geld verlangt haben - zwei Zeugen aufhorchen lassen.

Alle Medikamente ärztlich verschrieben

Sämtliche fünf Medikamente, die bei einer toxikologischen Untersuchung zur Klärung der Todesursache von Rakhat Aliyev nachgewiesen werden konnten, hat der ehemalige kasachische Botschafter in Wien in der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt ärztlicherseits verschrieben bekommen. Das stellte die Vollzugsdirektion am Freitagabend klar.

Aliyev habe die medizinisch indizierten Mittel "über einen längeren Zeitraum" und auch am Tag vor seinem Ableben eingenommen, erklärte die Chefärztin der Vollzugsdirektion, Margit Winterleitner. "Er war ein kranker Mann", betonte Winterleitner.

Demnach bekam Aliyev am 23. Februar wie üblich in der vorgesehenen Dosis das den Wirkstoff Paracetamol enthaltende Schmerzmittel Mexalen und am Abend zusätzlich die Schlafmittel Zolpidem und Bromazepan, weil er laut Winterleitner an Schlafstörungen litt. Bromazepan, das zur Gruppe der Benzodiazepine gehört, wird von der Medizin auch gegen akute Angstzustände und als Beruhigungsmittel eingesetzt. Daneben hatte der 52-Jährige im Tagesverlauf Mittel gegen seine Diabetes sowie gegen Bluthochdruck und Vitamin-Tabletten erhalten.

Winterleitner schloss aus, dass Aliyev die ihm verschriebenen Arzneimittel - etwa in selbstmörderischer Absicht - gehortet haben oder Zugang zu weiteren Substanzen gehabt haben könnte. Die Medikamentenvergabe im Strafvollzug unterliege einer "doppelten Kontrolle" und sei bei Aliyev selbstverständlich eingehalten worden.

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