Benkos Berater

Wer stand Signa-Gründer René Benko mit Rat und Tat zur Seite? Wer kümmerte sich um rechtliche, wer um steuerliche Belange? News begab sich auf Spurensuche.

von Wirtschaft - Benkos Berater © Bild: Ricardo Herrgott / picturedesk.com

Wolfgang Peschorn gilt gemeinhin als Mann der klaren Worte. Auch wenn er diese höchst selten in aller Öffentlichkeit wählt. Als Präsident der Finanzprokuratur hat Peschorn auf das Vermögen der Österreicher aufzupassen. Das war schon bei der Affäre rund um die Hypo Alpe Adria so. Und ist jetzt, in den Turbulenzen rund um die Pleiten der Signa-Gesellschaften, nicht anders. Umso überraschter werteten politische Beobachter zwei Auftritte kurz vor und kurz nach dem Jahreswechsel.

In der "Krone" kritisierte der Anwalt der Republik das Verhalten der Signa Holding rund um den Kika/Leiner-Konkurs, der bekanntlich 1.700 Mitarbeiter den Job kostete. Er, Peschorn, habe sich erwartet, dass die 20 Millionen Euro, welche von der Signa Holding als Superquote bis Sommer 2024 nachgeschossen werden sollten, sofort und auf einmal fließen hätten sollen; nun, nach der Holding-Insolvenz, falle der Steuerzahler um einen Großteil der Millionen um. Darüber hinaus sei das "Geschäftsmodell nicht nachhaltig gewesen", weshalb Peschorn eine "Zerschlagung" der intransparenten Signa-Gruppe nicht mehr ausschließen wollte.

In der "Zeit im Bild 2" vom 3. Jänner ortete Peschorn "ganz, ganz große Verfehlungen des Signa-Konglomerats". Natürlich könne es "für die Signa-Verantwortlichen auch strafrechtliche Konsequenzen geben", meinte er. Das betreffe ganz normale Vermögensdelikte wie "Untreue oder theoretisch auch Betrug". Ein faktischer Geschäftsführer wie "der Tiroler" Benko könne auch für einen Schaden der Gläubiger und Gesellschafter herangezogen werden. Am Ende hagelte es Kritik am undurchsichtigen Netzwerk aus weit mehr als eintausend Firmen: "Schauen Sie sich dieses Signa-Konglomerat an, wer als Berater und wer als Aufsichtsrat tätig ist -ein Einzelner kann das nicht schaffen. Hier wirken Interessen zusammen, die von verschiedenen Beratern unterstützt werden."

Wer sind nun die wichtigsten Unterstützer des Finanzjongleurs, der für die größten Pleiten der österreichischen Wirtschaftsgeschichte verantwortlich zeichnet? Wer stand René Benko mit Rat und Tat zur Seite, wenn es große Deals abzuwickeln und zu vermarkten galt? News begab sich auf Spurensuche.

Alfred Gusenbauer

Der ehemalige sozialdemokratische Bundeskanzler und Bundesparteivorsitzende hat rund um den Jahreswechsel 2008/2009 bekanntlich einen geradezu fliegenden Wechsel vom Ballhausplatz ins Benko-Konstrukt hingelegt. Am 2. Dezember 2008 trat Gusenbauer als Regierungschef ab, am 18. Dezember hatte er einen fertigen Rahmenvertrag, der ihm ab Februar 2009 für im Schnitt eine Woche Arbeit ein Kanzlergehalt von rund 280.000 Euro garantieren sollte. Am 23. Dezember 2008 unterfertigte René Benko für die Signa Holding den Kontrakt. Mittlerweile ist der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass der heute 63-jährige Gusenbauer beim 46-jährigen Benko nicht nur als Aufsichtsratsvorsitzender von Signa Prime Selection und Signa Development Selection gut im Sold stand. Für diverse Be ratungsleistungen, die unter anderem im Zusammenhang mit der Staatshilfe für die deutsche Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof standen, kassierte der Altkanzler in den Jahren 2021 und 2022 mehr als sieben Millionen Euro.

© News ZAHLUNGSERINNERUNG. Anfang Juli 2023 stellte Altkanzler Alfred Gusenbauer eine Drei-Millionen-Euro-Honorarnote an die Signa Holding. Ende Juli wurden der zuständige Manager erneut daran erinnert

Brisanz besitzen Alfred Gusenbauers Honorarnoten aus dem Sommer 2023: Laut einer News vorliegenden internen Dokumentation der Signa Holding hat Gusenbauer über seine Projektgesellschaft neuerlich rund drei Millionen Euro abgerechnet. Im Juli 2023 wurden die zuständigen Signa-Manager intern darauf hingewiesen, dass die Zahlung an Gusenbauers Firma längst überfällig ist. Bestanden bereits damals existenziell relevante Liquiditätsprobleme? Hat Gusenbauer als Berater, Aufsichtsrat sowie Vertrauter der größten Signa-Holding-Gesellschafter Benko und Hans Peter Haselsteiner demnach bereits im Sommer 2023 eine Ahnung davon haben müssen, wie es um die Liquidität der Signa-Dachgesellschaft bestellt ist? Der Insolvenzantrag der Holding erfolgte tatsächlich erst Ende November. Gusenbauer wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Sebastian Kurz

Der jüngere Altkanzler, der als türkis-schwarzer Parteichef -mit Unterbrechungen - zwischen 2017 und 2021 vom Ballhausplatz aus regierte, spielte den Doppelpass mit Benko spätestens ab Ende 2022. Erst jettete er mit dem Immobilienspekulanten in den arabischen Raum, um für die mittlerweile pleitegegangene Signa Sports United Geldgeber zu finden, dann, im Lauf des Jahres 2023, versuchte er auch, alle möglichen Quellen in Abu Dhabi und Dubai anzuzapfen, um für den Finanzjongleur, der Ende 2023 von der "Forbes"- Liste gestrichen wurde, 100 Millionen heranzukarren. Das Geld kam Ende Juni von einem diskreten Family-Office namens AC Limited mit Sitz in Dubai. Am 11. September stellte Kurz dann über seine SK Management drei Rechnungen an eine Signa-Tochter, die bis dato noch nicht insolvent ist. Über insgesamt fast drei Millionen Euro. Was wusste Kurz im Sommer 2023 über die Finanzlage der Signa-Gruppe? Hat ihm Zigarren-und Weinliebhaber René Benko im Zuge der Privatjet-Reisen in den Nahen Osten reinen Wein eingeschenkt? Oder dachte der 37-jährige Neounternehmer Kurz bloß, es ginge dem Tiroler Signa-Mastermind nur um frisches Geld für weitere hochtrabende Projekte? Auch Sebastian Kurz ließ eine Anfrage dazu unkommentiert.

Karin Fuhrmann

Die Partnerin der Steuerberatungskanzlei TPA gilt als eine der wichtigsten Ratgeberinnen im Hintergrund. Die 57-Jährige sitzt seit mehr als zwölf Jahren im Vorstand der Benko Familien Privatstiftung, welche als oberste faktische Konzernholding an der Spitze der undurchsichtigen Signa-Gruppe steht. Fuhrmann orchestrierte mit ihrer TPA nicht nur mehrere interne Gesellschaftsverschiebungen bzw. -verkäufe, sondern bemühte sich mit ihrer Kanzlei auch darum, dass die Signa-Holding eine drohende Konsolidierungspflicht umschiffen konnte. Die wichtigsten Konzerngesellschaften mussten dankt TPA-Input somit kein gesamtes, transparentes Gruppenbild erstellen. Größere mediale Aufmerksamkeit erlangten in den jüngeren Wirtschaftsgeschichte zwei TPA-Kunden: die Österreich-Tochter von Wirecard namens Wirecard Central Eastern Europe sowie die Mattersburger Commerzialbank, die aufgrund jahrelanger Bilanzfälschungen im Sommer 2020 Zahlungsunfähigkeit anmelden musste.

© Trend Wolfgang Wolak STIFTUNGSVORSTÄNDIN. TPA-Partnerin Karin Fuhrmann gilt seit vielen Jahren als enge Benko-Vertraute. Sie ist seit 2011 Vorsitzende der Familie Benko Privatstiftung

Länger auf sein Geld warten musste im Jahr 2023 der Wiener Strafrechtsspezialist Stefan Prochaska, der René Benko im Chorherr-Prozess vor Gericht vertrat. Prochaskas Kanzlei hatte 2023 phasenweise knapp 200.000 Euro offen.

Die Rechtsanwälte

Zu den wichtigsten Rechtsanwälten in Benkos Hintergrund zählt die Wirtschaftskanzlei Arnold Rechtsanwälte GmbH, die - angeführt von Nikolaus Arnold und Partner Bernhard Vetter von der Lilie - in den letzten Jahren unzählige Transaktionen im verworrenen Benko-Reich abwickelte. Als Notar wurde gerne der Innsbrucker Michael Vetter von der Lilie beigezogen. Arnold Rechtsanwälte schickte an Signa im Lauf des Jahres 2023 mehrfach Zahlungserinnerungen wegen offener Rechnungen.

Als Medienanwalt leistete sich Benko in Österreich den ausgewiesenen Spezialisten Peter Zöchbauer. Während Zöchbauer für seine Tätigkeiten ein in Österreich übliches Stundenhonorar kassierte, griff die Signa-Gruppe für dessen deutsches Pendant deutlich tiefer in die Tasche.

Länger auf sein Geld warten musste im Jahr 2023 der Wiener Strafrechtsspezialist Stefan Prochaska, der René Benko im Chorherr-Prozess vor Gericht vertrat. Prochaskas Kanzlei hatte 2023 phasenweise knapp 200.000 Euro offen.

Willi Hemetsberger

Der Gründer der Ithuba Capital AG ist in Finanzkreisen ein ziemlich beschriebenes Blatt: Im Zeitraum 2010/2011 führte seine Gesellschaft für die Hypo Alpe Adria Analysen durch. Ab Ende 2012/Anfang 2013 wurde Hemetsberger im Zuge des Salzburger Finanzskandals vom damaligen Finanzlandesrat zu Hilfe gerufen. Für ein in Medien kolportiertes Honorar in Höhe von acht Millionen Euro. Hemetsbergers Ithuba sollte in der ersten Coronapandemie-Phase für eine "Novelle der Insolvenzordnung zur Aussetzung der Überschuldung als Insolvenzgrund" lobbyieren. Eine entsprechende Unterlage eines maßgeblichen Öbag- und Cofag-Managers wurde von Hemetsberger am 2. April 2020 direkt an René Benko weitergeleitet.

Bei Signa gab es keine Millionenbeträge, aber doch auch gutes Geld für Ithuba: Zumindest 2021 wurden ab Jänner Fixhonorare von 30.000 Euro pro Monat fällig. Interessant im Lichte der heutigen Erkenntnisse: Am 29. Oktober 2021 schickte die Ithuba Capital AG an Signa-Holding-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber eine "Übersicht der offenen Rechnungen". Damals waren exakt 300.000 Euro offen.

Willi Hemetsberger sagt zum Ithuba-Engagement bei Signa: "Als führendes Haus im Corporate Finance und Advisory hatten wir historisch geschäftlichen Kontakt mit Signa, dieser war im Kontext für beide Häuser nicht bedeutend und wurde seit mehreren Jahren nicht weiterverfolgt. Wir haben keine offenen Forderungen gegen Unternehmen der Signa-Gruppe."

© News Ithuba-Gründer Willi Hemetsberger war für Benkos Signa in der Coronapandemie-Zeit tätig. Ende Oktober 2021 schickte Ithuba eine Übersicht über offene Honorarnoten

Die Cofag-Experten

Auch im staatsnahen Bereich, zwischen Öbag und Verwaltung, vermochte René Benko, ein engmaschiges Beziehungsnetzwerk zu spinnen und zu pflegen. Neben den hinlänglich bekannten Chat-Interaktionen mit dem Finanzministeriumsgeneralsekretär und späteren Öbag-Boss Thomas Schmid griff Benko auch auf eine öffentlich weniger bekannte, aber nicht minder mächtige Clique an Personen im Umfeld zurück. Sinnbildlich für diese Partie kann eine Benko-Jagd-Einladungsliste aus dem Dezember 2019 gelten. Es wurde zur Jagd auf Fasan und Hasen geladen. Laut internen Aufzeichnungen des Signa-Jagdkoordinators sollen folgende Personen teilgenommen haben:

Der spätere Cofag-Geschäftsführer und vormalige Öbag-Prokurist Bernhard Perner: Er hatte nebenbei auch noch Aufsichtsratsposten bei der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, der Heta Asset Resolution (Hypo-Abwicklung), der ABBAG (Abbaumanagementgesellschaft des Bundes) sowie bei ARE (Austrian Real Estate) inne.

Michael Mendel: Die graue Eminenz gilt als Fädenzieher zwischen staatsnaher Bankenwelt und dem verschwiegenen Holzimperium der Familie Kaindl. Mendel gehörte dem Aufsichtsratsgremium von Cofag und Öbag an und diente als Aufsichtsratschef bei der Heta Asset Resolution.

Stefan Schmittmann: Der deutsche Banker (HVB und Commerzbank) gilt wie Bernhard Perner als Mendel-Vertrauter. Er diente als Aufsichtsrat bei der Heta Asset Resolution und bei der deutschen Commerz Real.

Christine Sumper-Billinger: Die Chefin des Bundesrechenzentrums (BRZ) wurde ebenso zur Hasenjagd gebeten. Nebenbei ist sie auch noch Aufsichtsrätin der Cofag, bis 2023 war sie Aufsichtsrätin der Heta Asset Resolution. Sumper-Billinger teilte mit, nicht an der Jagd am 14. Dezember 2019 teilgenommen zu haben.

Sonderbehandlung für Benko oder serviceorientierte Verwaltung? Ein weiteres Meeting, das pandemiebedingt virtuell abgehalten werden sollte, dabei aber nicht weniger brisant war, sollte am 4. April 2020 stattfinden. Auf dem Höhepunkt der ersten Coronawelle und rund um die Gründung der staatlichen Finanzierungsagentur Cofag wurde von Willi Hemetsberger eigens ein Call für René Benko organisiert, an dem laut News vorliegenden Unterlagen neben Benko und Hemetsberger auch der damals frisch eingesetzte Cofag- Geschäftsführer Bernhard Perner und sein Mentor und Cofag-Aufsichtsrat Michael Mendel teilnehmen sollten. Eine Zusammenkunft, die nicht zuletzt im Kontext des herannahenden Cofag-Untersuchungsausschusses noch für politische Diskussion sorgen könnte.

Wolfgang Rosam

Der Weinliebhaber, Genussmensch und Herausgeber des "Falstaff"-Magazins sollte für René Benko jahrelang sein Kontaktnetzwerk irgendwo zwischen Vienna Insurance Group und den großen Immo-Playern anwerfen und den Signa- Gründer am Laufenden halten. Für Rosams Netzwerkpflege wurde ein monatliches Beratungshonorar in Höhe von 15.000 Euro fällig. Noch im Jänner 2023 wurde der laufende Kontrakt bis 2024 verlängert. Durch die Insolvenz der Signa Holding sollte daraus bekannterweise nichts mehr werden. Rosams Unternehmen darf sich nunmehr in die lange Liste der Signa-Gläubiger einreihen.