Sieg gegen Facebook
für Max Schrems

Safe Harbor-Abkommen nun ungültig - Was das für Unternehmen und Nutzer bedeutet

Mit einem außergewöhnlich schnell gefälltem Urteil hat der Europäische Gerichtshofs (EuGH) am Dienstag die Rechtmäßigkeit der Übermittlung von Facebook-Daten in die USA für ungültig erklärt. Doch was bedeutet das Urteil nun für Nutzer und Unternehmen? News.at gibt Antworten auf die brennendsten Fragen zu diesem Thema.

von Max Schrems © Bild: Matthias Obergruber/News

Worum geht es beim Safe Harbor-Abkommen?

Die Safe-Harbor-Vereinbarung legt fest, unter welchen Bedingungen Internetunternehmen Nutzerdaten aus Europa in den USA verarbeiten dürfen. Dabei geht es um Daten, die sich auf die einzelnen Nutzer beziehen (personenbezogene Daten).

Die Vereinbarung beruht auf Regeln des US-Handelsministeriums und einer Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2000. Danach müssen Internetunternehmen zusichern, dass sie die Daten ihrer europäischen Nutzer angemessen schützen. Dann dürfen sie die Daten exportieren und in den USA weiterverarbeiten. Datenschützer kritisieren die Praxis. Seit den Enthüllungen von Edward Snowden sei kaum anzunehmen, dass personenbezogene Daten in den USA ausreichend vor den dortigen Behörden geschützt seien, erklären Datenschutzbeauftragte.

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Was gab den Anstoß zu diesem Urteil?

Ins Rollen gekommen ist die Überprüfung durch den Wiener Juristen Max Schrems und seiner Initiative Europe vs. Facebook. 2011 reichte der Salzburger bei der zuständigen irischen Datenschutzbehörde 22 Beschwerden gegen Facebook ein. Er fordert, dass US-Konzerne die europäischen Datenschutzrechte einhalten müssen. und eine Beschwerde eingelegt. Der Fall ist bis vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gegangen.

In einer ersten Stellungnahme sprach Schrems von einem "Meilenstein", was Online-Datenschutz betrifft. "Das Urteil zieht eine klare Linie. Es stelle klar, dass massenhafte Überwachung unsere fundamentalen Rechte verletzt." Ein angemessener Rechtsschutz müsse möglich sein, unterstrich Schrems. Die Entscheidung zeige auch auf, dass Regierungen und Wirtschaft nicht einfach die fundamentalen Datenschutzrechte ignorieren können, sondern die Gesetze befolgen müssen.

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Das Gerichtsurteil stellt laut dem Österreicher klar, dass nationale Datenschutzbeauftragte den Datentransfer in die USA in jedem individuellen Fall prüfen können. "Safe Harbour" sei zuvor ein Blanko-Schein für die Übermittlung gewesen.

Was bedeutet die Entscheidung nun für Unternehmen und Nutzer?

Die Entscheidung könnte nicht nur für Facebook, sondern für rund 4.000 US-Firmen große Konsequenzen haben: US-Unternehmen müssten in Zukunft ihre Daten auf EU-Servern speichern oder die Datensicherheit im Einzelfall genau prüfen lassen. Das betrifft auch kleine Unternehmen.

Für die Nutzer bedeutet das, dass ihre Daten nicht mehr einfach so in die USA geschickt werden können. Facebook Irland hat beispielsweise vor dem Urteil die Daten europäischer Nutzer übermittelt, trotz des Wissens, dass diese dort wohl für Massenüberwachung verwendet worden sind.

Die deutsche Industrie fordert unterdessen rasch ein neues Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA. "Ein Abbruch des Datenaustauschs wäre ein Paukenschlag", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber, am Dienstag. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Internet-Verband eco. Nach seiner Einschätzung hat das Urteil für die gesamte Internetwirtschaft weitreichende Folgen. Datenbasierte Geschäftsmodelle und der transnationale Austausch von Daten würden volkswirtschaftlich immer wichtiger, sagte eco-Vorstand Oliver Süme laut einer Mitteilung. Der Fall des Safe-Harbor-Abkommens bedeute für viele Unternehmen jetzt eine erhebliche Rechtsunsicherheit. "Bundesregierung und Europäische Union müssen jetzt schnellstmöglich eine neue Regelung finden, die unseren hohen Datenschutzstandards genügt und gleichzeitig eine praktikable Lösung für die Unternehmen schafft."

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Wie geht es nun in Sachen Facebook weiter?

Aus der Entscheidung des Gerichtshofs ergibt sich, dass nun die irische Datenschutzbehörde die Beschwerde von Max Schrems prüfen und entscheiden muss, ob nach der Richtlinie die Übermittlung der Daten der europäischen Nutzer von Facebook in die USA auszusetzen ist.

Dabei müssen die irischen Behörden erneut die Frage klären, ob die USA ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten bieten. Das ergibt sich aus dem EuGH-Urteil, wonach die EU-Kommission keine Kompetenz hatte, die Befugnisse der nationalen Datenschutzbehörden mit dem "Safe Harbour"-Abkommen zu beschränken.

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Was sagen die Datenschutzexperten zum Urteil?

Die Entscheidung des EuGH zum Thema Safe Harbour kommt für Hans Zeger von der ARGE Daten nicht überraschend. An dem Abkommen habe es schon sehr lange, und massiv seit 2008, Kritik gegeben. "Ob es etwas bringen wird? Ich bin da sehr, sehr skeptisch", sagte der Experte.

Das Problem sei, dass die EU noch immer kein nachvollziehbares Konzept gefunden hat, während die USA eine Fülle von Regelungen haben, die sie faktisch weltweit umsetzen wollen. "Währenddessen befindet sich die EU noch immer im nationalstaatlichen Sumpf", meinte Zeger. Wo die Daten tatsächlich gespeichert werden, sei den Amerikanern völlig egal, weil alles US-Gesetzen unterliege: US-Unternehmen, deren Tochterfirmen, jedes Unternehmen mit einer Niederlassung in Amerika, jedes das an der US-Börse notiert ist oder eine Tochter einer dort notierten Firma ist. "Das sind praktisch alle großen Unternehmen."

Das Urteil sei ein guter Schritt, müsse aber zur Folge haben, dass die EU auf Augenhöhe mit den USA aushandelt, dass nicht jeder US-Gesetze befolgen muss. "Wenn wir das nicht hinbekommen und TTIP so beschlossen wird, ist der Zug endgültig abgefahren", sagte Zeger.

Kommentare

Na - da kann er sich ja wirklich freuen & ein Eis kaufen. Apropos in China ist ein gelbes Fahrrad umgefallen oder war's rot?

Verstöße gegen dieses Urteil sind nicht exekutierbar. Die USA haben sich nie an internationales Recht oder an Abmachungen gehalten.
Es wird weiter spioniert, abgehört, überwacht. Auch in Österreich sind weder Telefonate noch E-Mails sicher. Innenministerium und milit.. Abhördienst haben autom. Software, welche beides auf Stichworte prüft und bei Bedarf aufzeichnet und verwertet. Jubel? Wofür?

immerwieder melden

runde eins david gegen goliath ist klar entschieden. das war sicher NICHT das ende, aber ein teilsieg :D bravooooo

neusiedlersee melden

Sie haben recht. Es ist nicht das Ende, es ist der Anfang einer intensiveren Überwachung und Aufzeichnung aller Details miteinander kommunizierender Bürger. Querulanten, Nörgler, Kritiker, müssen jederzeit, wenn auch nur temporär, vom Staat inaktiv gestellt werden können.

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