"Facebook ist tot" - die neuen
virtuellen Hangouts der Kids

Ein Eltern-Wegweiser im Social-Media-Dschungel

Schon vor einem Jahr schrieb ein damals 19-jähriger Amerikaner in einem Blog: "Facebook ist für uns (Jugendlichen, Anm.) gestorben. Es ist etwas, dass in der Mittelschule cool war, aber jetzt fühlt es sich an wie eine komische Familienfeier, von der wir nicht einfach abhauen können." Dieses Gefühl scheint sich langsam auch auf die österreichischen Kids zu übertragen: Einen Account zu haben ist zwar ein Muss, abgehangen wird jedoch woanders. Ein Überblick für Eltern, die es genau wissen wollen.

von Teenager und Social Media © Bild: istockphoto.com/franckreporter

Die GWI Social Summary 2015 von GlobalWebIndex untersucht vierteljährlich die jüngsten Trends in sozialen Netzwerken. Auch hier wird deutlich - anhand der Zahlen unseres Nachbarn Deutschland: Facebook hat bei den Jungen ein Imageproblem. Zwar zählt der Social-Media-Riese (82% nutzen ihn weltweit) für viele, nämlich 37%, immer noch zu den "coolsten" Netzwerken. Aber nur bei den über 19-Jährigen: Bei den Teenies zwischen 16 und 19 Jahren denken nur noch 14 Prozent so. Für diese Altersgruppe ist laut GWI Social YouTube (20%) top. Instagram (16%), das zu Facebook gehört, landet auf Platz Zwei der angesagtesten Netzwerke für Teenies. Bei den Apps liegt Snapchat (12 %) und Tumblr (13%) weit vorne in der Beliebtheitsskala.

Und in Österreich? Auch die Zahlen von Social Media Radar bestätigen den Abwärts-Trend: Facebook wird in Österreich am häufigsten von den 20-39-Jährigen genutzt. Aber nur 16 Prozent aller aktiven Accounts gehören den 13- bis 19-Jährigen. Thorsten Behrens, Mitarbeiter bei saferinternet.at: "Jugendliche sind zwar auf Facebook vertreten, aber es wird sehr wenig genutzt. Man muss dort sein, weil alle dort sind, aber weil das auch Eltern und Großeltern sind, ist Facebook nicht mehr so beliebt."

Der Austausch mit Freunden findet laut Behrens bei Jugendlichen in Österreich hauptsächlich über Whatsapp (bei Volksschülern der Messenger Kik ) und Instagram statt. Aber auch Snapchat und YouTube sind bei den 13-19-Jährigen beliebt. Das schließt Beherens aus Erfahrungen zahlreicher Schulworkshops. Aktuelle Trends und Zahlen für die Beliebtheit sozialer Netzwerke, liegen für Österreich - abgesehen von Facebook - nur noch für Instagram und Linkeldln vor: Von den registrierten Instagram -Usern sind 120.000 Teenager, Linkedln wird laut Social Media Radar von der Altersgruppe überhaupt nicht genutzt.

Was ist mit anderen Netzwerken? "Pinterest ist eher eine Randerscheinung, Viber ebenfalls", erklärt Behrens. "Das Interesse an Twitter , das bei den amerikanischen Teens sehr beliebt ist, ist hierzulande eher zu vernachlässigen. Eine deutlich wahrzunehmende Gruppe ist allerdings auf Younow aktiv."

Wohin der Trend gehen könnte. Die größten Aufsteiger weltweit waren laut GWI Social im letzten Jahr Pinterest (+97%) und Instagram (+47%), die am schnellsten wachsenden Apps LINE (+57%), Facebook Messenger (+53%) und Snapchat (+45%).

Die "neuen" Hangouts

Hier kommt ein Überblick über die beliebtesten sozialen Netzwerke in Österreich.

YouTube

© YouTube

Die Benutzer können auf dem Portal kostenlos Video-Clips ansehen, bewerten und selbst hochladen. Produzenten von Videos können hier auch Geld verdienen, hochgeladen werden darf nur eigenes Drehmaterial, auch bei der Musik muss man auf Urheberrechte aufpassen (auch Konzertmitschnitte hochzuladen ist illegal!). Beim Ansehen der Videos kann man sich in keinem Fall strafbar machen, auch wenn die Quellen rechtswidrig sein sollten, auch das Einbetten eines legalen Videos ist laut einem Entscheid des Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Ordnung. Das Unternehmen kann die hochgeladenen Inhalte weiterverkaufen und lizenzieren, ohne den Autor vorher zu fragen.

Gründung: 2005
Gründer: Chad Hurley, Steve Chen und Jawed Karim
Gehört: YouTube, LLC, einer Tochtergesellschaft von Google Inc.
Motto: "Broadcast Yourself"
Wert: zw. 26 und 40 Milliarden US-Dollar

Whatsapp

© Whatsapp

Whatsapp hat quasi SMS abgelöst: Die werden jetzt über den Instant-Messaging-Dienst geschickt. Man muss sich nur die kostenlose App runterladen. Auch Bild-, Video- und Ton-Dateien sowie Standortinformationen können zwischen zwei Personen oder in Gruppen ausgetauscht werden. Das internetbasierte Telefonieren über die App nicht zu vergessen. Wermutstropfen: Im Juni 2015 wurde erstmals offiziell bekannt, dass amerikanische Behörden die Möglichkeit haben, WhatsApp-Nachrichten mitzulesen.

Gründung: 2009 in Kalifornien
Gründer: Jan Koum und Brian Acton
Zum Namen :Der Name ist ein Wortspiel aus dem englischen "What’s up?" ("Was gibt's Neues?“) und dem Kürzel App ("Anwendung").
Gehört: seit 2014 Facebook (Preis: 13,81 Milliarden Euro)
Wert: mehr als 19 Milliarden Dollar

Kik Messenger

© Kik Messenger

Das Whatsapp der österreichischen Volksschulkinder: Die Mehrheit der User des Messengers ist zwischen 11 und 15 Jahre alt. Außer SMS und Sprachnachrichten kann man auch Foto- und Videodateien und selbstgezeichnete Bilder, so genannte Sketches, austauschen. Im Gegensatz zu Whatsapp meldet man sich nicht mit Telefonnummern, sondern mit Nutzernamen an. Mit Hashtags kann man ganz leicht Gruppenchats starten. Kritik: Chats sind anonym und der Tausch von Mediendateien uneingeschränkt möglich. Vorsicht vor unbekannten Kontaktanfragen!

Gründung: 2009
Gründer: Studenten der Universität von Waterloo
Wert: 1 Milliarde Euro

Instagram

Auf dem Portal können via mobiler App Fotos und Videos geteilt werden. Hier sind Filter und Vignetten ganz besonders wichtig, mit denen die Handyfotos versehen werden können. "Jugendliche können über Bilder viel besser kommunizieren, als wir das können", erklärt Behrens. In Österreich ist der kostenlose Online-Dienst sehr beliebt: Von den insgesamt 340.000 registrierten Instagram -Usern sind laut Social Media Radar 120.000 Teenager. Kritikpunkt: Instagram hat sich umfassende Nutzungs- und Verwertungsrechte an den hochgeladenen Bildern seiner Nutzer eingeräumt und erlaubt alle Arten von Nacktheit, solange nur die Brustwarzen verdeckt sind.

Gründung: 2010
Gründer: Kevin Systrom und Mike Krieger
Gehört: seit 2006 Google (Preis: 1,31 Milliarden Euro in Aktien)
Wert: zw. 26 und 40 Milliarden US-Dollar

Snapchat

© Snapchat

Auf der mobilen, kostenlosen App können Fotos und Videos an Freunde verschickt werden, die sich Sekunden nach dem Anschauen "von selbst zerstören". Das macht die App für alle interessant, die nicht wollen, dass ihre Daten vom Unternehmen abgespeichert werden. In Wahrheit bleiben die Dateien aber sehr wohl im System und werden auf einem Server in den USA abgelegt. Die Bilder und Videos sind mithilfe von ein paar Tricks im Grunde sogar wieder auffindbar. Außerdem muss man sich immer vor Augen halten, dass die Betrachter der Fotos und Videos diese mittels Screenshot auf ihrem Gerät abspeichern können, dafür gibt es sogar eigene Apps.

Gründung: 2011
Gründer: Robert "Bobby" Murphy und Evan Spiegel (er war 21, als er Snapchat gründete)
Gehört: Facebook hat 2013 drei Milliarden Dollar für eine Übernahme geboten, Spiegel lehnte ab.
Wert: 14 Milliarden Euro

Pinterest

© Pinterest

Wie bei einer virtuellen Pinnwand, können hier Bilder "angeheftet" werden, die von anderen geteilt (repinnt), geliket und kommentiert werden können. Es geht darum zu zeigen, was man für Interessen und Hobbys hat. Hier findet man wunderbare Inspirationen zu verschiedenen Themen und kann mittlerweile auch einkaufen.

Gründung: 2010 in Kalifornien
Gründer: Evan Sharp, Ben Silbermann und Paul Sciarra
Zum Namen: Pinterest ist ein Kofferwort aus den englischen Wörtern "pin" (anheften) und "interest" (Interesse).
Wert: 11 Milliarden Dollar

Younow

© Younow

Eine Art Webcam-Liveübertragung aus den Kinderzimmern. Stundenlang streamen sich Kids beim Hausübungmachen oder Nägellackieren: im Grunde stinkfad, für die Eltern eine neue Ebene des Online-Wahnsinns. "Eltern haben wenig Ahnung und genau darum viele unbestimmte Ängste."

Gründung: 2011
Gründer: Adi Sideman
Motto: "Express Yourself"
Gehört: YouNow Inc., New York City

Mehr zum Thema:

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Die wichtigsten Anlaufstellen
Saferinternet: Infos über den Umgang mit neuen Medien, www.saferinternet.at
147 -Rat auf Draht: Beratung am Telefon oder per Chat, rataufdraht.orf.at
Kinder-und Jugendanwaltschaften: unbürokratische Hilfe, Standorte in allen Bundesländern, www.kija.at
Institut für Sexualpädagogik: Workshops an Schulen, www.sexualpaedagogik.at
Kinderhilfswerk: Therapie und Familienberatung, www.kinderhilfswerk.at

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