Benko: Die Jäger des versenkten Schatzes

In Österreich geht der Masseverwalter neuerdings gegen René Benko und langjährige Signa-Manager vor. In Liechtenstein eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche und der betrügerischen Krida.

von Rechtsanwalt Christof Stapf © Bild: Sebastian Freiler

Für René Benko wird die Luft dünner. Der Signa-Gründer, der viele Jahre im überdimensionierten Privatjet durch die Welt flog, um Investoren von sich und seinem vermeintlich genialen Geschäftsmodell zu überzeugen, muss beinahe täglich neue Negativmeldungen über sich und sein intransparentes Firmenkonstrukt lesen. In München ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Geldwäsche. In Österreich hat sich im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Sondereinheit namens Soko Signa formiert. In Liechtenstein hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäscherei und der betrügerischen Krida eingeleitet, wie die "Krone" unter Berufung auf das Schweizer Finanzmedium "Inside Paradeplatz" am 11. April berichtete. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Milliardenforderungen

Der vorläufige Höhepunkt: Auf René Benko und seine engsten beruflichen Weggefährten kommen offenbar Forderungen in Milliardenhöhe zu, wie gemeinsame Recherchen von "News" und der "Krone" im Umfeld von Signa-Holding-Masseverwalter Christof Stapf zutage förderten. Im Visier stehen neben dem Signa-Gründer auch zwei langjährige Spitzenmanager: Manuel Pirolt, der Finanzchef der Signa-Gruppe, sowie Signa-Holding-Geschäftsführer Marcus Mühlberger, der für Benko auch im Vorstand einer Innsbrucker Privatstiftung sitzt.

Auch Masseverwalter Christof Stapf scheint keine Zweifel mehr zu haben: René Benko war in seinem finsteren Firmenkonglomerat der faktische Geschäftsführer. Eben deshalb findet sich der 46-jährige Tiroler Benko im Sündenregister der Signa an prominentester Stelle.

Die konkreten Vorwürfe

Nachfolgend ein Überblick, was René Benko und Konsorten vorgeworfen wird:

  • Die Signa-Spitze soll Vermögensverschiebungen zulasten der zerbröselnden Signa Holding durchgeführt haben. Dabei handelt es sich um umfangreiche Millionentransfers zwischen den Gesellschaften der Signa-Gruppe, für die es ebenso keine betriebliche oder wirtschaftliche Rechtfertigung geben soll wie für eine rund 50-Millionen-Zahlung an Benkos Laura Privatstiftung.
  • Die Signa-Führung soll das Immobilienvermögen der Signa-Gruppe überbewertet und damit die tatsächliche Vermögenslage gegenüber Investoren geschönt haben. Dabei handelt es sich um Geldgeber, die Forderungen in jeweils dreistelliger Millionenhöhe stellen und sich getäuscht fühlen: beispielsweise um den Staatsfonds Mubadala (713 Millionen Euro) oder um das Immo-Unternehmen Madison (770 Millionen), das den Vorwurf erhebt, beim Einstieg 2019 mit unvollständigen Zahlenwerken in die Irre geführt worden zu sein.
  • Die Signa-Chefs sollen auch nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit noch weitere Zahlungen geleistet haben. Dabei handelt es sich unter anderem um eine Überweisung von rund 150 Millionen an ein Investmenthaus. Dazu kommen Garantiezusagen, etwa an die Schweizer Bank Julius Bär, über gut 200 Millionen. Allerdings ohne über das notwendige Kapital für derartige Garantiezusagen zu verfügen – so lautet jedenfalls der Vorwurf des Masseverwalters.

In Anbetracht dieses umfassenden Sündenregisters müssen sich Benko und Kollegen auf jahrelange Gerichtsprozesse einstellen. Denn: Stimmen die Vorwürfe, dann würden die Geschäftsführer für versenkte Milliarden mitunter mit ihrem Privatvermögen haften.

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MILLIONENKREDIT. Noch im Juli 2023 fließen 15 Millionen Euro von der Liechtensteinischen Landesbank an die Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG

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PFAND. Die Bank hat sich als Sicherheit in das Grundbuch eintragen lassen

Dubioser 15-Millionen-Kredit

Ins Visier der Ermittler geraten insbesondere auch Kreditfinanzierungen, die im Sommer 2023 entweder neu abgeschlossen oder verlängert wurden. Dazu wurden bereits Sachverhaltsdarstellungen übermittelt. Auch bei der WKStA in Wien. "News" und die "Krone" haben die Spur des Geldes weiterverfolgt. Und sind bei den Recherchen im Fürstentum auf einen höchst eigenwilligen Millionenkredit gestoßen, der noch im Juli 2023 jener Gesellschaft gewährt wurde, der René Benkos 60-Millionen-Euro-Protzpalast in Innsbruck-Igls gehört.

Nur zur Verdeutlichung: Im Juli 2023 brennt es in der Signa-Gruppe bereits lichterloh, es fehlt an allen Ecken und Ende an Liquidität. Finanzjongleur Benko versucht händeringend, seine Co-Investoren zu einer weiteren Kapitalerhöhung bei der Konzernmutter, der Signa Holding GmbH, zu bewegen. Zu diesem Zeitpunkt, konkret am 19. Juli 2023, besorgt sich seine Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG bei der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) noch einen 15-Millionen-Euro-Kredit, wie vorliegende vertrauliche Belege zeigen (siehe Faksimile). Der Kreditvertrag wurde im Juli von Seiten der Signa unterzeichnet.

Um diese 15 Millionen Euro zu erhalten, verpfändet die Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG Forderungen gegenüber der Signa Holding an die Liechtensteinische Landesbank (LLB). Außerdem gibt Benkos Laura Privatstiftung eine Garantieerklärung über die 15 Millionen Euro ab.

Benkos Villa in Innsbruck
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SÜDSTAATENVILLA. Oberhalb von Innsbruck residiert Finanzjongleur René Benko auf fünf Geschoßen

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GARANTIN. Die von René Benko gestiftete Laura Privatstiftung steht für die Rückzahlung des 15-Millionen-Euro-Kredits gerade

Die Zahlungsströme

Bemerkenswert erscheinen nun die Zahlungsströme, die sich anhand der vorliegenden vertraulichen Kontoauszüge nachvollziehen lassen. Denn: Der Kredit wird, wie beschrieben, der Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG gewährt. Er landet auch ordnungsgemäß auf dem Konto dieser Schlosshotel-Gesellschaft. Von dort wird er dann auf das Konto der Laura Privatstiftung bei der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) transferiert. Und von dort fließen Teilbeträge wieder weiter auf ein Laura-Stiftungskonto bei einer österreichischen Bank.

Buchcover Inside Signa
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DAS BUCH
Inside Signa
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Die Signa-Aufdecker Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart legen das erste Buch zur größten Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte vor. Mit einem Psychogramm von René Benko und brisanten Details zeigen sie, wie der Absturz des einstigen Darlings der Politik und der Tycoons von Anfang an programmiert war und warum trotzdem die Reichen und Mächtigen auf ihn hereinfielen. Ab 20. April im Handel (Edition a, 240 Seiten, 25 Euro).

Der Chief Signing Officer

Eine Schlüsselrolle im bewusst intransparent gehaltenen Signa-Konzernkonglomerat spielte jedenfalls ein Mann, der seit mehr als 20 Jahren ganz eng an der Seite des Finanzjongleurs steht: Marcus Mühlberger, 62. Signa-intern wurde der langjährige Holding-Geschäftsführer, der seine Signatur über die Jahre zigtausende Male unter wichtige Verträge und brisante Dokumente setzte, gerne "Chief Signing Officer" genannt.

René Benko, der seit 2013 keine offizielle Organfunktion mehr bekleidet, stellte Marcus Mühlberger einmal in kleiner Runde als "Unterschriften-August" vor.

Die Causa Benko - News berichtete:

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 16/2024.

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