Christian Kern: Der ehemalige Bundeskanzler der SPÖ und Ex-ÖBB-Chef im Porträt

ÖBB-Chef, Bundeskanzler, Manager – Christian Kern hat schon einige Karriere-Stationen hinter sich. Derzeit ist der ehemalige SPÖ-Politiker und vierfache Vater in der Privatwirtschaft im Bereich Bahninfrastruktur tätig, meldet sich aber gerne politisch zu Wort und die Gerüchte einer möglichen Polit-Rückkehr als SPÖ-Chef kochen in regelmäßigen Abständen hoch. Im SPÖ-internen Machtstreit unterstützt Christian Kern Hans Peter Doskozil.

von Christian Kern © Bild: imago images/SEPA.Media

Steckbrief Christian Kern

  • Name: Christian Kern
  • Geboren: am 4. Jänner 1966 in Wien-Simmering
  • Ausbildung: Studium Publizistin und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien, postgraduale Ausbildung am Management-Zentrum St. Gallen
  • Beruf: Manager bei European Locomotive Leasing Group (EEL), ehemaliger SPÖ-Chef und Bundeskanzler
  • Partei: SPÖ
  • Familienstand: getrennt, Kern war von 1985-1988 verheiratet mit Karin Wessely (geschieden) und bis 2022 mit Eveline Steinberger verheiratet (inzwischen getrennt)
  • Kinder: drei Söhne (aus erster Ehe mit Karin Wessely, einer davon ist Nikolaus Kern), eine Tochter (aus zweiter Ehe mit Eveline Steinberger)

Christian Kern: Kindheit und erste Schritte in der Politik

Christian Kern wuchs als Kind in Wien-Simmering in einem schmucklosen Neubau auf, seine Mutter arbeitete als Sekretärin, sein Vater in einem Installationsbetrieb. Später eröffneten Kerns Eltern in Favoriten ein Milchgeschäft und der Vater wird Taxifahrer. Kern besuchte die Volksschule in der Florian-Hedorfer-Straße. Erste politische Orientierungsversuche unternahm Kern bereits während seiner Gymnasialzeit in der Gottschalkgasse. Er fungierte als Mitbegründer der Alternativen Liste Simmering (einer Vorgängerorganisation der Grünen).

Christian Kern: Ausbildung und Wechel von Grün zur SPÖ

Nach seiner Matura im Jahr 1984 studierte Christian Kern Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Dort erfolgte auch der Wechsel von Grün auf Rot: Der spätere Bundeskanzler engagierte sich erstmals im Verband Sozialistischer Student:innen in Österreich (VSStÖ) und war Chefredakteur des VSStÖ-Magazins Rotpress. Bei der ÖH-Wahl 1989 war er Spitzenkandidat für den Wiener VSStÖ. Das Studium schloss er 1997 mit dem Magister-Teil ab. In seiner Diplomarbeit analysierte er die „innenpolitische Berichterstattung der österreichischen Tages- und Wochenzeitungen 1993“. Am Management-Zentrum St. Gallen absolvierte Kern anschließend eine postgraduale Ausbildung.

Christian Kern: Journalist, Politiker, Manager

Beruflich Fuß fasste Kern 1989 zunächst im Wirtschaftsjournalismus, zunächst beim Wirtschaftspressedienst und bei Option – österreichisches Wirtschaftsmagazin. 1991 wurde er beruflich erstmals in der SPÖ vorstellig. Damals (während der Bundesregierung Vranitzky III) fungierte Kern als Pressesprecher des Staatssekretärs für öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt, Peter Kostelka. 1997 wechselte Kern zum Energiekonzern Verbund, bei welchem er in den darauffolgenden Jahren diverse weitere Managementfunktionen innerhalb des Verbund-Konzerns übernahm. Im Jahr 2007 wurde er Vorstandsmitglied der Verbund AG.

Christian Kern bei der ÖBB

Eine berufliche Neuorientierung erfolgte im Juni 2010. Kern wurde Vorstandsvorsitzender der ÖBB-Holding AG. Außerdem wurde er 2014 zum Vorsitzenden der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen gewählt. Während dieser Zeit initiierte er auch die Ausstellung „Verdrängte Jahre“, die die Rolle der Bahn während der NS-Zeit kritisch beleuchtet. 2013 wurde ihm hierfür von der Israelischen Kultusgemeinde Wien die Marietta und Friedrich Torberg-Medaille verliehen.

Christian Kern
© imago images/photothek Christian Kern übernahm 2016 das Kanzleramt von Werner Faymann

Bundeskanzler Christian Kern: Rückkehr in die Politik

Doch Kerns Karriere als ÖBB-Chef nahm ein jähes Ende. Nach dem Rücktritt seines Vorgängers als Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann trat ein, was zuvor bereits medial gemunkelt wurde: Christian Kern beerbte Faymann und wurde am 17. Mai 2016 Bundeskanzler der Republik Österreich. Noch ein Jahr zuvor beteuerte Kern öffentlich, für Spekulationen über seine politischen Ambitionen gebe es „absolut keinen Anlass“. Vizekanzler unter Christian Kern war damals Reinhold Mitterlehner von der ÖVP. Nach dessen Rücktritt übernahm Wolfgang Brandstetter das Vizekanzler-Amt.

Nach der Übernahme des Bundeskanzleramts wurde Kern bei einem außerordentlichen Parteitag der SPÖ mit 96,8 Prozent der Stimmen zum Parteivorsitzenden gewählt.

Christian Kerns Politik als Kanzler und der Plan A

Sozialpolitisch stellte Christian Kern – in Anlehnung an den ehemaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt – einen New Deal für Österreich ins Zentrum seiner Arbeit. Mittels gezielter Investitionen sollte bis zum Jahr 2020 Vollbeschäftigung herrschen und die Reallöhne spürbar steigen. Weiterer zentraler Baustein der SPÖ während Kerns Zeit als Bundeskanzler war das als Plan A bezeichnete Grundsatzprogramm. Darin enthalten waren unter anderem die Forderung nach sicheren Arbeitsplätzen, die Ausbildung von 5.000 zusätzlichen Lehrer:innen und 2.500 Polizist:innen.

Christian Kern und Sebastian Kurz

Doch Kerns Zeit an der Spitze der Republik weilte nur kurz. Am 10. Mai 2017, nur ein Jahr nach Kerns Angelobung, erklärte der damalige ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner überraschend seinen Rücktritt. Dessen Nachfolger Sebastian Kurz ließ kurze Zeit später die Koalition platzen und es kam im Herbst 2017 zu Neuwahlen.

Wahlkampf 2017 und die Silberstein-Affäre

Neben klassischen sozialdemokratischen Themen, wie der Forderung nach einer Erbschaftssteuer, war der Wahlkampf durch mehrere Pannen des roten Wahlkampfteams geprägt – was schließlich noch vor der Wahl zum Rücktritt des roten Wahlkampfleiters führte. Gipfel dieses in Teilen missglückten Wahlkampfs war die sogenannte Silberstein-Affäre, die nur zwei Wochen vor dem Wahltermin durch Berichte der Tageszeitung Presse und dem Wochenmagazin Profil publik wurden. Der von der SPÖ engagierte Wahlkampfberater Tal Silberstein soll mit einem Team Facebook-Seiten betrieben haben, die die ÖVP und deren Spitzenkandidaten Kurz in ein schlechtes Licht rücken. Die ÖVP bezeichnete dies als „Dirty Campaigning“. Im Zuge der Affäre wurden auch Mails von SPÖ-Mitarbeitern an Tal Siilberstein bekannt. In einem dieser Mails wurde Christian Kern als politisch unerfahren, sprunghaft, eitel und "Prinzessin mit Glaskinn" beschrieben. Nur zwei Wochen vor der Nationalratswahl trat SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler zurück, die Kritik an der SPÖ für die Silberstein-Methoden aber blieb hängen.

In Erinnerung an diesen Wahlkampf bleibt auch Kerns Kritik an Sebastian Kurz. Dessen populistische Forderung, die Mittelmeerroute schließen zu wollen, sei ein „Vollholler“, behauptete Kern in einem Hintergrundgespräch mit Journalist:innen. Der Ausdruck wurde 2017 zum Wort des Jahres gekürt. „Vollholler“ bedeutet so viel wie großer oder völliger Unsinn.

Nationalratswahl 2017

Aus SPÖ-Sicht ging die Wahl 2017 glimpflich aus. Mit knapp 27 Prozent der Stimmen konnte sie im Vergleich zu 2013 sogar leicht hinzugewinnen und landete vor der FPÖ auf Platz 2. Die ÖVP unter Sebastian Kurz ging mit 31,47 Prozent als Sieger hervor und bildete mit der FPÖ eine Koalition. Sebastian Kurz wurde Regierungschef und mit 18. Dezember 2017 endete offiziell Christian Kerns Zeit als Österreichischer Bundeskanzler.

Literaturtipp:

Das Buch erhalten Sie hier (`*)

Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn Sie auf so einen Affiliate-Link klicken und über diesen Link einkaufen, bekommen wir von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für Sie verändert sich der Preis nicht.

Christian Kerns Rücktritt als Politiker

Kern nahm nach den Wahlen zunächst als Klubobmann auf der Oppositionsbank Platz, konnte hier aber mit seiner Partei wenig Akzente setzen. Im Herbst 2018 kündigte Kern schließlich seinen Rücktritt von der SPÖ-Spitze an und zog sich als Politiker zurück. Auf ihn folgte Pamela Rendi-Wagner als erste Frau in der Rolle der SPÖ-Vorsitzenden.

Christian Kern für Hans Peter Doskozil

Im SPÖ-internen Machtkampf, der in einer Mitgliederbefragung gipfelte, in der die Mitglieder über den Vorsitzenden/die Vorsitzende abstimmen (zur Wahl stehen Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler), sprach sich Christian Kern für Hans Peter Doskozil aus. Dieser habe die besten Chancen, Schwarz-Blau zu verhindern, so Kern in einem Facebook-Posting.

Zurück in die Wirtschaft

Nach seinem Abstecher in die Politik ging es für den Ex-Bundeskanzler Kern zurück in gewohntes Terrain. Im Juli 2019 wurde er in den Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RŽD gewählt. Das Amt legte er am 24. Februar 2022, am Tag des russischen Einmarschs in die Ukraine, zurück.

Was macht Christian Kern heute?

Derzeit ist Christian Kern als Nachfolger von Christoph Katzensteiner bei dem Bahninfrastruktur-Unternehmen European Locommotive Leasing Group (ELL) als operativer Leiter tätig. Davor leitete er gemeinsam mit seiner Ex-Frau Eveline Steinberger, Bernhard Raberger und Axel Mader die „Blue Minds Company“, ein Unternehmen, das in nachhaltige Technologien investiert. 2022 gab er seine Gesellschafterposition bei der "Blue Minds Company" auf, blieb aber Verwaltungsratsvorsitzender der Blue Minds Beteiligung Glasmanufaktur Brandenburg - Interfloat.

Außerdem hat Christian Kern Jobs als Aufsichtsrat und Berater mehrerer israelischer Start-ups und europäischer Bahntechnologie-Firmen sowie als Präsident der Austrian Chinese Business Association.

Christian Kern: Rückkehr als Politiker?

Seit Christian Kerns Rücktritt als Bundeskanzler und SPÖ-Chef ist immer wieder von einem Comeback die Rede - immer wenn die Vorsitzdebatte in der Partei aufflammt, wird Kerns Name ins Spiel gebracht. So war etwa im Sommer 2022 von einer "Liste der besten Köpfe" die Rede. Es wurde gemunkelt, Christian Kern wolle diese gründen, um bei der nächsten Nationalratswahl 2024 anzutreten. Sogar Namen wie Reinhold Mitterlehner oder Eva Glawischnig wurden spekuliert, die auf besagter Liste zu finden sein sollten. In einem Interview mit der "Kronen Zeitung" verneinte Kern jedoch jegliche Vorhaben in diese Richtung und sagte dazu: "Das Ganze ist wohl Ausdruck der Besorgnis über die enormen Probleme, vor denen wir stehen. [...] Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass ich keine Partei gründen werde" sowie: "Es kann sich keiner vorstellen, dass jemand ein inhaltliches Anliegen hat und nichts werden will - was für mich ausdrücklich gilt. Weder in einer neuen Partei noch in der SPÖ."

Spekulationen über eine Rückkehr Christian Kerns in die Politik tauchen dennoch immer wieder auf. So zeigt er sich immer wieder als Star-Gast bei SPÖ-Events oder in Talk-Runden im TV oder runden Tischen. Anfang 2023 wird etwa spekuliert, Christian Kern könnte der "lachende Dritte im Dauerstreit Hans Peter Doskozil gegen Pamela Rendi-Wagner werden", schreibt etwa Politik-Expertin Isabelle Daniel auf oe24.at in Bezug auf SPÖ-Parteimitglieder. Von Kern selbst gab es dazu keine Reaktion.

Christian Kern und Ex-Frau Eveline Steinberger-Kern
© imago images/SKATA Christian Kern mit seiner Ex-Frau Eveline Steinberger. Sie trennten sich nach 20 Jahren Ehe. Das Paar hat eine Tochter.

Christian Kern privat: Familie, Frauen, Kinder

Christian Kern zwar zwei Mal verheiratet. Von 1985 bis 1988 war er mit der Scheidungsanwältin Karin Wessely verheiratet. Mit Wessely, die ebenfalls eine ehemalige Kommunalpolitikerin in Mödling war, hat Christian Kern drei gemeinsame Söhne, darunter Nikolaus Kern, der für seinen Vater 2017 im Wahlkampf aktiv war. 2019 trat Nikolaus Kern jedoch aus der SPÖ aus. Als der erste Sohn von Kern und Wessely geboren wurde, war Christian Kern gerade einmal 22 Jahre alt. Er zog diesen einige Jahre lang allein auf, da das Paar sich zwischenzeitlich trennte. Sie finden zwar wieder zusammen, bekommen mit Simon und Paul zwei weitere Söhne, trennen sich aber wieder. 1988 erfolgte die Scheidung von Christian Kern und Karin Wessely, Nikolaus blieb beim Vater, die beiden jüngeren Söhne bei der Mutter, wie der Kern-Biografie von Robert Misik zu entnehmen ist.

In zweiter Ehe war Christian Kern mit der Unternehmerin Eveline Steinberger (bzw. während der Ehe als Eveline Steinberger-Kern) verheiratet, die er beim Verbund kennenlernte. Mit ihr hat er eine gemeinsame Tochter. Steinberger und Kern trennten sich im Jahr 2022 nach 20 Jahren Ehe. Gemeinsam leiteten sie noch bis 2022 das Unternehmen "Blue Minds Company". Ob Christian Kern seit der Trennung von Steinberger eine neue Freundin oder Partnerin hat, ist nicht bekannt. Gerüchte um eine Liebelei mit Schauspielerin Verena Altenberger, wie von krone.at berichtet, bestätigt Christian Kern nicht. "Das wäre sehr schön, wenn es so wäre. Aber Privates bleibt privat", antwortet Kern, darauf angesprochen.

Wie tickt Kern?

Und wie tickt der Ex-Bundeskanzler und Vierfach-Vater, der in den Silberstein-Mails als "Prinzessin" beschrieben wurde? "Er war immer der Fleißigste, Belesenste und der Gescheiteste von uns allen", erzählt etwa ein Weggefährte Kerns in Misiks Biografie. Andere bezeichnen ihn als distanziert, kontrolliert und diszipliniert.

Christian Kerns Hobbys: Das macht er in seiner Freizeit

Christian Kern ist seit Kindheitstagen glühender Anhänger des Fußballvereins Austria Wien, wo er auch im Vereins-Kuratorium sitzt und seit Februar 2023 außerordentliches Mitglied ist. Auch selbst betreibt er viel - und diszipliniert - Sport wie etwa Tennis spielen, Rad fahren oder Joggen - und hört dabei gern Musik, darunter Depeche Mode oder Coldplay.