"Die Forderung nach verkürzter
Arbeitszeit schadet der SPÖ"

Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil geht beim Sommerinterview für News mit seiner Partei hart ins Gericht. Er kritisiert die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung: "Das ruiniert die Sozialdemokratie." Und er fordert ein Aus für Parteispenden aus der Wirtschaft.

von Politik - "Die Forderung nach verkürzter
Arbeitszeit schadet der SPÖ" © Bild: News/Herrgott

Im Mai haben Sie sich ein Scharmützel mit SPÖ-Kollegen geliefert, die eine Arbeitszeitverkürzung fordern. (Das Interview wurde vor einem ähnlichen Vorschlag der SPÖ-Chefin geführt, Anm.)
Wenn man nach Deutschland schaut: Da haben 30 Prozent prekäre Arbeitsverhältnisse, die Leute brauchen einen zweiten, dritten Job. Wenn dort die Sozialdemokratie eine kürzere Arbeitszeit fordert, ist das polemisch und kurzsichtig. Aus meiner Sicht kann die Antwort der Sozialdemokratie nur der Mindestlohn sein. Wenn ich mit den Löhnen immer weiter runtergehe, bin ich wie in Deutschland irgendwann bei Hartz IV statt Mindestsicherung. Wer das macht, ruiniert die Sozialdemokratie. Darum sind die Sozialdemokraten in Deutschland, wo sie sind. Und wir, wo wir jetzt in den Umfragen sind.

Warum fordert die SPÖ-Spitze nicht den Mindestlohn?
Man muss den Menschen Perspektiven und Möglichkeiten aufzeigen. Das geht nicht mit Schlagzeilen, sondern mit einem Programm. Und dieses muss ideologisch getragen sein. Und sich ausschließlich auf eine 30-Stunden-Woche zu konzentrieren, ist komplett falsch.

»In der Krise war die Kurzarbeit etwas Anderes, jetzt soll man das nicht vermischen«

Meist wird diese bei vollem Lohnausgleich gefordert.
Ja, sicher. Was soll eine Arbeiterin sagen, die 1.200 Euro verdient? Die wird sagen. "Danke, jetzt habe ich mehr Zeit, meinen zweiten Job zu machen." Das ist lächerlich. In der Krise war die Kurzarbeit etwas Anderes, jetzt soll man das nicht vermischen. Eine Verringerung bei diesem Lohnniveau zu fordern, damit tun wir uns keinen Gefallen. Wer das tut, schadet der Sozialdemokratie. Das betone ich als Botschaft an alle, die gerne die Fahne der Solidarität schwingen.

Und die SPÖ-Forderung nach 1.700 Euro steuerfrei?
Was soll die Kollegin davon haben, die 1.200 Euro netto verdient? Ich glaube, manche wissen nicht, was steuerfrei bedeutet.

In der Löwelstraße wird es ja ein Telefon geben, wo Sie anrufen und Ihre Zweifel deponieren können.
Ich hab das mehrfach deponiert, unlängst auch bei der Vorsitzenden persönlich. Jetzt sag ich gar nichts mehr dazu.

Sozial schwierige Zeiten könnten der SPÖ mehr Zustimmung bringen. In der letzten Wirtschaftskrise hat aber die FPÖ bei Wahlen profitiert. Wer erholt sich schneller: SPÖ oder FPÖ?
Wir haben im Burgenland bewiesen, dass wir nicht nur Versprechungen machen, sondern auch umsetzen. Dafür sind wir bei der Wahl bestätigt worden. Nicht jeder ist ein Freund des Mindestlohns, aber die Mehrheit hat gesagt, das passt. Natürlich ist es in der Opposition schwierig, Dinge zu fordern, die wir nicht umsetzen können. Noch dazu müssen wir uns vorwerfen lassen: "Warum habt ihr das in der Regierung nicht selbst umgesetzt?" Auch den Vorwurf, die SPÖ könne nicht wirtschaften, müssen wir uns anhand unserer Betriebe gefallen lassen. Im Burgenland, in Wien und in Kärnten können wir den Gegenbeweis antreten. In der Opposition könnten wir zumindest Perspektiven aufzeigen, ohne ständig an Schlagzeilen zu denken. Man kann aber auch sagen, wenn die Regierung etwas gut macht. Dann wird man von den Menschen ernster genommen. Ich versuche im Burgenland, die Partei aus Auseinandersetzungen mit der Opposition rauszuhalten. Sonst wird das so ein Gekeife in der Politik.

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In der Mitgliederbefragung der SPÖ ging es auch darum, jene Themen festzulegen, die den Menschen wichtig sind. Ist daraus schon eine Linie destilliert worden?
Das würden Sie nicht fragen, wenn Sie eine Linie sehen würden. Die Arbeitszeitverkürzung war für die Mitglieder jedenfalls am Ende des Bedeutungsspektrums, der Mindestlohn, obwohl ihn die Bundespartei nie forciert hat, war im vorderen Mittelfeld. Ich hoffe, es ergibt sich daraus eine Linie.

Zumindest wurde nach der Befragung weniger um die Parteivorsitzende gestritten. Weil eine Ruh ist oder weil alle müde vom Streiten sind?
Es war wichtig, dass das einmal erledigt ist, vor allem, weil wir vor Wahlen in Wien stehen. Ich bin überzeugt, dass der Michi Ludwig das dort gut macht. Und dann wird man wieder perspektivisch woanders hinschauen können.

Ihre Prognose für Wien?
Ich rechne mit einem guten Ergebnis für die SPÖ. Die große Gefahr ist, dass sich eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos bildet. Darauf muss man die Wahlkonfrontation anlegen.

Das war immer der Einserschmäh der Wiener SPÖ: die Wahl zu einem Duell ums Bürgermeisteramt erklären.
Früher war es der Strache, jetzt ist es diese Konstellation.

Für die ÖVP soll Finanzminister Blümel antreten, der derzeit keinen guten Lauf hat.
Ich bin gar nicht sicher, ob er Spitzenkandidat sein wird. Oder ob die ÖVP einen Überraschungskandidaten präsentiert, der von allen drei Parteien goutiert wird. So ein klares Bekenntnis hat Kollege Blümel zu Wien noch nicht abgegeben.

Im Ibiza-U-Ausschuss...
Da werde ich auch bald sein. Ich freu mich schon.

»Wenn Blümel solche Erinnerungslücken hat, frage ich mich, wie er sein politisches Tagesgeschäft schafft«

Werden Sie auch 84 Mal erklären, dass Sie sich nicht erinnern können?
Das war ein Armutszeugnis für die Politik. Wenn Blümel solche Erinnerungslücken hat, frage ich mich, wie er sein politisches Tagesgeschäft schafft. Ich werde nach bestem Wissen und Gewissen alles offen legen.

Was war also förderungswürdig am FPÖ-nahen Institut für Sicherheitspolitik?
Zunächst war es ein Werkvertrag, und es muss ein Werk dafür geleistet werden. Die Blauen sind damals auf mich zugekommen und haben gesagt, die ÖVP bekommt so und so viel und auch das Kreiskyforum und Schlaining. Ich hab damals gar nicht gewusst, was alles verteilt wird. Mein Zugang war, dass man gewissermaßen den Gleichheitsgrundsatz walten lassen muss. Wenn die Grünen gekommen wären, hätte ich mir das angeschaut. Ich habe keine Entscheidung getroffen, sondern gesagt: "Legt ein Arbeitsprogramm vor, und der Generalstab wird das beurteilen." Das war kein Akt, der dem Minister vorzulegen ist. Für mich war das erledigt. Damals hab ich keinen Grund gesehen, diesen Verein auszuschließen. Nach Ibiza ist die FPÖ pfui, man darf nicht mehr anstreifen, es wird massiv dramatisiert. Es ist auch richtig, das aufzuarbeiten. Aber man darf nicht vergessen, vor ein paar Monaten war das ein Regierungspartner der ÖVP und auch bei uns. Da war alles bestens.

Was soll am Ende des U-Ausschusses stehen: mehr als der Eindruck, Postenschacher käme in jeder Partei vor?
Wenn wie im Innenministerium bis zur letzten Polizeiinspektion entschieden wird, wer Sachbearbeiter wird, dann ist das ein Witz. Da kann Nehammer sagen, was er will, das ist derzeit wie in der Ära Strasser. Aber: Als Minister oder als Landeshauptmann willst du, dass Dinge umgesetzt werden. Da ist es legitim, dass man für diese Zwecke Vertrauensleute an bestimmten Stellen sitzen hat. Da braucht man nicht das große Drama drum machen, und ich würde das nicht als Postenschacher bezeichnen.

Wo sind die Grenzen zu Gefälligkeiten bei Gesetzen?
Die Grenzen sind dort zu ziehen, wo Parteien und ihre Nebenorganisationen Spenden aus dem privaten Bereich bekommen. Da darf kein Cent fließen. Unternehmer, die große Beträge spenden, erkaufen sich damit etwas: Wohlgefallen, eine gewisse Verpflichtung, einen besseren Zugang zur Politik. Ich will gar nicht sagen, man kauft sich das Gesetz. Aber ein Großspender ist genauso ein Wähler wie der Arbeiter da drüben bei den Weinreben. Beide sollen den gleichen Einfluss auf eine Wahl haben. Daher: Spenden gehören verboten, sogar unter gerichtliche Strafe gestellt.

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Die Parteienförderung in Österreich wäre üppig genug.
Die ist groß, und wir haben trotz Wahlkampf keine Schulden. Bei mir darf keine einzige Firma einzahlen. Dafür brauch ich mir bei Unternehmern kein Blatt vor den Mund nehmen. Die Wirtschaft gehört raus aus der Politik. Wobei: Ich red mich leicht. Ich bin nicht abhängig. Ich brauchen keinen Job in der Wirtschaft, wenn ich aus der Politik gehe. Ich hab einen.

Soll es härtere Strafen bei Wahlkampfkostenüberschreitungen geben?
Wozu? Eine Partei muss mit ihren Mitteln wirtschaften und verantworten, wie viel sie in den Wahlkampf steckt. Dafür muss es aber den Cut bei den Spenden geben. Wenn die SPÖ alles verwirtschaftet, dann kann sie sich eben keinen gescheiten Wahlkampf leisten. Aber das bedeutet nicht, dass wir Zuwendungen aus der Wirtschaft bekommen sollen.

Bei der SPÖ gab es Zuwendungen aus nahestehenden Organisationen wie den roten Gewerkschaftern.
Das gehört alles weg. Keine Organisation darf irgendwo mitfinanzieren. Das hat in einer Partei nichts verloren.

Da wäre die Bundes-SPÖ aber arm dran
Selber schuld, wenn eine Partei mit ihren Mitteln nicht zurande kommt.

Mit dem Sommer kommen die Touristen. Doch was ist mit Gästen, die aus einem Corona-Gebiet wie etwa Nordrhein-Westfalen kommen? Heimschicken?
Der Lockdown und die Beschränkung der Reisefreiheit in den vergangenen Monaten waren sicher richtig. Doch was jetzt fehlt, ist, dass man den Menschen sagt, was passiert, wenn es wieder Grenzsperren oder es eine Situation gibt wie in NRW. So wie es Kärnten macht, zu sagen, die Gäste aus NRW sind nicht willkommen, das halte ich für falsch. Man hat sich entschieden, die Grenzen zu öffnen. Jetzt sind sie eben geöffnet, und man muss damit umgehen.

»Was die Politik da großartig erzählt hat und was tatsächlich an der Grenze passiert ist, sind zwei Paar Schuhe«

Kam die Öffnung zu schnell?
Die Grenzen waren ja in Wirklichkeit offen, bevor sie geöffnet worden sind. Ich bin mit meiner Lebensgefährtin zu ihrer Familie nach Deutschland gefahren, als das nur für Angehörige erlaubt war. Da hat es weder bei der Einreise nach Deutschland noch bei der nach Österreich Kontrollen gegeben. Was die Politik da großartig erzählt hat und was tatsächlich an der Grenze passiert ist, sind zwei Paar Schuhe.

Wo machen Sie Urlaub?
Ich werde sicher im Burgenland bleiben, und natürlich wird es, um meiner Lebensgefährtin entgegenzukommen, auch einen "Heimaturlaub" in Deutschland geben.

Die Corona-Welle in NRW geht auf prekäre Arbeitsverhältnisse beim Fleischverarbeiter Tönnies zurück. Aber es gab auch Berichte, dass bei einem Spargelbauern in Österreich Saisonarbeiter unter miesen Bedingungen arbeiten und wohnen müssen. Können Sie ausschließen, dass es das auch im Burgenland gibt?
Nein, das kann ich nicht ausschließen. Aber würde ich davon erfahren, würde ich es aufzeigen und verurteilen. Saisonarbeiter, aber auch Menschen in der 24-Stunden-Pflege werden bis zu einem gewissen Grad ausgebeutet. Da gibt es schlechte Arbeitsbedingungen, und dann verdienen sie zwischen 1.000 und 1.500 Euro. Das ist ein Hohn. Darum verfechten wir als SPÖ im Burgenland den Mindestlohn von 1.700 Euro netto. Ich bin an einer Tankstelle vorbeigefahren, da werden eine Vollzeitkraft ohne Berufsausbildung gesucht und 1.550 netto geboten. Wenn sich das eine Tankstelle leisten kann, dann verstehe ich nicht, warum große Betriebe wie Tönnies oder große Bauern Erntehelfer zu Ausbeuterpreisen einsetzen.

Bei der staatsnahen Post gab es einen Cluster unter Leiharbeitskräften
Da ist der Staat schuld, weil er geglaubt hat, diese Grundversorgung privatisieren zu müssen. Das ist der falsche Weg.

Sie haben angekündigt, gewisse Betriebe als Land wieder zu übernehmen.
Es gibt das klare Bekenntnis, dass es im Burgenland keinen privaten Anbieter im Spitalsbereich geben soll. Wir versuchen, privatisierte Landespflegeheime zurückzuführen, und werden dort, wo es uns wichtig ist, strategisch als Landesunternehmen auftreten. Im Kulturbereich wollen wir etwa die Burg Lockenhaus ins Landeseigentum zurückführen. In den Pflegeheimen werden wir auch den Mindestlohn umsetzen und zeigen, dass man das mit den Tagsätzen finanzieren kann. Das Beispiel Reinigungskräfte im Landesdienst hat gezeigt, dass das eine immense arbeitsmarktpolitische Maßnahme ist. Man hat uns gesagt: "Macht das nicht, weil da kommen nur Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland." Mitnichten. Es gibt 400 Bewerber aus Österreich. Sogar eine Tirolerin wollte Reinigungskraft im Burgenland werden. Auch bei pflegenden Angehörigen zahlen wir den Mindestlohn und werden mit Anfragen überhäuft. Das ist in Zeiten wie diesen wichtig. Die Leute investieren das Geld ja wieder. Die sparen das nicht.

Kann die öffentliche Hand das nach all den Coronahilfspaketen bezahlen?
Die Frage ist: Was macht die öffentliche Hand? Der deutsche Staat wird bei der Lufthansa-Rettung Unternehmensteilhaber, Österreich fördert hingegen bei Austrian und schaut zu. Das finde ich vollkommen falsch. Da frage ich mich: Investiert die Bundesregierung an der richtigen Stelle? Ich bin auch kein Freund davon, dass wir uns auf Biegen und Brechen verschulden: "Koste es, was es wolle." Wir müssen die Schulden ja zurückzahlen. Mein Zugang ist, bei Sparten, die uns wichtig sind, nicht blind zu investieren, sondern das Land wird als Partner auftreten und Beteiligungen eingehen, damit wir auch etwas davon haben. Anders kann man so ein Programm nicht stemmen.

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Wie lautet Ihr grundsätzlicher Befund zum Corona- Management der Regierung?
Der Lockdown war bis zu einem gewissen Grad richtig. Aber was mich gestört hat: Anfang März war eine erste Sitzung, da hat man nichts gesagt. Der Salzburger Landeshauptmann hat noch über die Osterfestspiele gescherzt -da hätten der Kanzler oder der Gesundheitsminister sagen müssen: "Bitte fahrt's das zurück." Den Tiroler Kollegen hat man wegen Ischgl dann später gebeutelt. In der Situation jetzt muss ich sagen: Da ein Hilfspaket, dort eine Maßnahme, aber mir fehlt das große Bild, wo die Reise hingeht. Der Staat will nicht als Investor auftreten, wie wir es machen, er verschenkt ein bissel Geld ohne Strategie. Der Bundeskanzler tritt auf und sagt den Ländern und Gemeinden: "Wenn ihr etwas braucht, nehmt euch einen Kredit auf." So einfach ist das aber nicht. Die Steuerhoheit liegt beim Bund, die Entscheidung, wie man den Kredit gegenfinanziert, liegt beim Bund. Die Verhandlungen über den Finanzausgleich müssen mit dem Bund geführt werden. Es gibt also eine Verantwortung im Bund, die wahrgenommen werden muss. Wir in den Ländern bekommen täglich andere Zahlen über den Verschuldungsgrad und über das Minus bei den Ertragsanteilen, die wir aus Steuern bekommen. Uns fehlt die Planungsperspektive.

Sind die Länder in die Strategie gegen eine zweite Welle eingebunden?
Auch das stört mich. Der Bundeskanzler hat zu den Ländern wortwörtlich gesagt: "Wie gehen wir jetzt damit um, wenn irgendwo etwas passiert? Wie wollt's es denn?" Wie am Bazar. "Wollt's dann eine Region sperren? Sollten wir das vom Bund machen, oder macht's ihr das selber? Wollt's das generell geregelt oder unterschiedlich?" Das ist kein Leadership. Wenn Corona in einer Region ausbricht - ich will jetzt nicht wieder Ischgl strapazieren

...also sagen wir Eisenstadt.
Wenn das in Eisenstadt passiert, muss es gleich geregelt sein wie in Graz, Linz oder Salzburg. Diese Regelungen gibt es derzeit nicht.

Also wurde beim Corona- Management Panik nur professionell kaschiert?
Ich will nicht immer auf den Bundeskanzler losgehen. Aber mir kommt sein Handeln so vor wie in der Flüchtlingskrise 2015. Da hat er verkündet, die Balkanroute sei geschlossen, damit war das Thema medial erledigt. Jetzt findet nächste Woche wieder eine martialische Übung bei Nickelsdorf statt, plötzlich ist die Balkanroute wieder offen, und wir diskutieren von vorn, was wir machen. Das ist jetzt auch so. Viele Corona-Maßnahmen waren okay, doch jetzt versucht man, durchzutauchen. Und wenn die zweite Welle kommt, wird es wieder so sein, als würde das zum ersten Mal passieren.

»Eine komplette Schließung darf es nicht mehr geben. Da bin ich dagegen«

Eine der Unklarheiten ist, wie es im Herbst mit der Schule weitergeht. Die Länder sind ja für die Pflichtschulen zuständig...
Das erste Problem sind ja schon einmal die Ferien. Da haben wir im Burgenland festgelegt, dass es eine durchgehende Ferienbetreuung für Kindergartenund Volksschulkinder gibt. Und die Schule, meine ich, muss im September ganz normal starten. Sollte irgendwo eine Corona-Situation auftreten, muss es eine lokale Schließung geben. Eine komplette Schließung darf es nicht mehr geben. Da bin ich dagegen.

Ebenso unklar ist vielen nach wie vor die Situation bei den Entschädigungen.
Wir wissen bis heute nicht, wer was bekommt. Ich frage mich: Ist es gerecht, wenn im Kulturbereich die Landesbetriebe, die als GmbH geführt werden, von Entschädigungen ausgeschlossen sind, während die Esterházy-Betriebe, die immer die Gleichbehandlung bei Förderungen fordern, Geld bekommen können? Das ist gleichheitswidrig, unausgegoren und wird einen Rattenschwanz an rechtlichen Auseinandersetzungen nach sich ziehen.

Der 1970 geborene Burgenländer (50) begann seine Berufslaufbahn als Polizist, studierte nebenher Rechtswissenschaften und war als Jurist im Innenministerium tätig. Von dort wechselte er 2004 ins Büro des damaligen Landeshauptmanns Hans Niessl. 2012 wurde er Landespolizeidirektor und managte 2015 an der Grenze die Flüchtlingskrise. SPÖ- Bundeskanzler Werner Faymann holte Doskozil 2016 als Verteidigungsminister in sein Kabinett, wo er auch unter Christian Kern blieb. 2017 wechselte er in die Landespolitik: zunächst als Landesrat für Finanzen und ab 2019 als Landeshauptmann.

Das Interview ist ursprünglich in der Printausgabe von News (27/2020) erschienen.