Elektroauto: Darum ist es (noch) nicht die Zukunft

Benziner und Dieselautos sterben irgendwann aus. Dann sind Elektroautos die umweltfreundliche Zukunft. Das sehen aktuelle Studien und Kritiker anders. Einige Fakten sprechen laut Experten noch dagegen, E-Autos uneingeschränkt als umweltfreundlich zu bezeichnen.

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Elektroauto: Darum ist es (noch) nicht die Zukunft

Wie umweltfreundlich ein Verkehrsmittel ist, hängt von mehreren Faktoren ab, teilt die Umweltorganisation "Greenpeace" zum Thema Elektroautos auf ihrer Homepage mit. Treibhausgas-, Luftschadstoff- und Partikelemissionen sowie der Energieaufwand bei Produktion, Nutzung und Recycling eines Fahrzeuges müssten ebenso berücksichtigt werden. Aktuelle Studien haben das getan und stellen Folgendes fest:

1. Überraschende CO2-Bilanz

Das Umwelt- und Prognose-Institut (UPI-Institut) in Heidelberg hat in einer Studie "Ökologische Folgen von
Elektroautos"
(2. Auflage 2017) untersucht und kommt zu dem Schluss, dass die realen CO2-Emissionen eines Elektroautos keineswegs bei Null liegen.

Real meint: Auch wenn das Elektroauto im Betrieb keine CO2-Emissionen produziert, fallen in der Produktion und durch den Stromverbrauch dennoch CO2-Emissionen an, die miteinberechnet gehören. Und in der Studie kritisieren die Autoren, dass durch Elektroautos CO2-Grenzwertüberschreitungen kompensiert werden. Hersteller sind demnach aufgrund der angenommenen Null-Emission in der Lage, mit dem Verkauf eines Elektroautos eine Art CO2-Gutschrift für die Pkw-Flotte zu erhalten. Mit dieser einen Gutschrift können gleich die Grenzwerte von mehreren SUV-Fahrzeugen kompensiert werden, heißt es in dem Bericht. "Unter den jetzigen Rahmenbedingungen führt Elektromobilität dazu, dass die CO2-Emissionen steigen", sagte Studienautor Dieter Teufel in der "3sat-"Sendung "Nano".

Spezifische CO2-Emissionen Verkehrsmittel, Durchschnitt Deutschland 2015:

CO2-Emissionen Elektroauto
© UPI Heidelberg Quelle: UPI Heidelberg 2017

Ein nicht ganz so drastisches Bild zeichnet das österreichische Umweltbundesamt in seiner Studie zu Elektroautos aus dem Jahr 2016: Insgesamt schlussfolgern die Experten, dass Elektroautos weniger Treibhausgas-Emissionen verursachen als konventionelle Benzin- und Dieselfahrzeuge. Allerdings liegen die Elektroautos in puncto indirekte Treibhausgas-Emissionen - also herstellungsbedingter Emissionen - in diesem Bericht ebenfalls gleichauf mit Benzin- und Dieselfahrzeugen. Betont wurde zudem, dass es "ohne umfassende Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs zu keiner vollständigen Darstellung der Umwelteffekte von Transportsystemen kommt."

2. Schwachstelle Lithium-Ionen-Akkus

Das führt zu Punkt 2: Dem Lithium-Ionen-Akku. Noch immer stellt die Speicherung der Strommenge eine Schwachstelle der E-Automobilindustrie dar. Schwere (weil große) Akkus, lange Ladezeiten und eine geringe Reichweite machen der Branche nach wie vor zu schaffen. Spitzenreiter bei der Reichweite ist Tesla. Der Tesla Model S P100D fährt mit einer Kapazität von 100 Kilowattstunden (kWh) über 500 Kilometer weit. Eine neue schwedische Studie hat festgestellt, dass die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien mit einer hohen Umweltbelastung in Form von Emissionen einhergeht: So entstehen bei der Produktion pro kWh Lagerungskapazität der Autobatterien rund 150 bis 200 Kilogramm Kohlendioxid-Äquivalente. Bei dem Tesla Model S mit 100 kWh an Kapazität sind das umgerechnet 17,5 Tonnen CO2. Laut Studie kann ein Pkw mit fossilem Brennstoffantrieb acht Jahre lang gefahren werden, bevor er die Umwelt so stark belastet, wie die Produktion eines Lithium-Ionen-Akkus für den Tesla Model S.

Größere Akkus herzustellen, ist daher langfristig keine Lösung: Erstens bedeutet ein größerer Akku mehr Energieaufwand in der Herstellung der Batterie. Und zweitens steigt dadurch nicht nur die Kapazität, sondern auch das Gewicht des Autos und das führt wiederum zu einem größeren Stromverbrauch. Sinnvoll - im Sinne der Umwelt - wären kleinere Akkus, die möglichst viel Energie speichern können. Diese gibt es zwar teilweise bereits, sie sind allerdings entsprechend teuer und für die Elektroauto-Industrie somit uninteressant.

3. Fragwürdige Stromquellen

Ausschlaggebend ist auch, welche Energiequelle dem Elektroauto zugeführt wird. Energie aus Kohlekraftwerken oder Atomstrom senkt den ökologischen Vorteil eines E-Autos deutlich, wie Experten kritisieren. Würden alle auf Elektroautos umsteigen, reicht aus heutiger Sicht der aus erneuerbaren Energien erzeugte Strom bei weitem nicht aus, um den Strombedarf aller E-Autos zu decken.

In der UPI-Studie fordern die Experten deshalb, den Anteil der regenerativen Energiequellen an der gesamten Stromerzeugung zuerst zu steigern und den Rückgang fossiler Brennstoffe in der Stromerzeugung zu forcieren, um die Ökobilanz des Elektroantriebs zu verbessern. Einige Länder wie Norwegen oder die Schweiz hätten den Ausbau schon weit genug vorangetrieben.

4. Entsorgungs-Problematik

Zudem spielen neben der Herstellung beim Akku aus ökologischer Sicht die Rohstoffgewinnung und Recycling eine wesentliche Rolle. Letzteres wirft die Frage auf: Ist eine umweltgerechte Entsorgung des Batterien für Elektroautos möglich? Die Antwort fällt teils positiv aus.

Bevor die Batterien aus Elektroautos überhaupt recycelt werden müssen, erhalten sie ein sogenanntes "Second Life", ein zweites Leben. Denn nur weil der Akku für das Auto zu schwach geworden ist, kann die Batterie noch genutzt werden, beispielsweise als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien. Erst wenn die Batterie dort ebenfalls ausgedient hat, wird sie recycelt. Laut Greenpeace ist das Recyceln derzeit ökologisch und sicher mit mindestens 75 Prozent der Materialien schaffbar. Da das Alkalimetall Lithium nur einen geringen Anteil am Gewicht der Batterie ausmacht, konzentriert sich die Wiederverwertung auf die Rohstoffe Nickel, Kupfer und Kobalt.

Das Recyclingverfahren für reines Lithium ist technisch zwar möglich, aber teuer und wird großtechnisch aktuell nicht angewandt. An einer echten Recycling-Industrie und damit den nötigen Kapazitäten für eine massenhafte Wiederaufbereitung der Rohstoffe für derartige Batterien mangelt es bis jetzt.

Das Fazit lautet daher: Langfristig betrachtet können Elektroautos durchaus eine Rolle spielen, um den Autoverkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Allerdings müssen bis dahin die derzeitigen Probleme beziehungsweise Schwachstellen behoben werden. Vor allem leichte Elektroautos mit kleineren Akkus, die innerstädtisch zum Einsatz kommen, haben aus heutiger Sicht ökologisches Potential.