Ernährung, die auf die Psyche schlägt

Die Fachrichtung der Ernährungspsychiatrie ist relativ jung. Doch die Ergebnisse der Studien sind eindeutig: Mit der Auswahl der Lebensmittel kann in vielen Fällen auch die psychische Gesundheit beeinflusst werden.

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Gesundheit - Ernährung, die auf die Psyche schlägt © Bild: Getty Images

Als Sabrina Mörkl im Jahr 2019 begann, sich für den Zusammenhang von Ernährung und Psyche zu interessieren, war es noch ein Randgebiet. Denn Ernährungspsychiatrie ist eine junge Wissenschaft. "In größerem Stil gibt es sie erst seit 2017", sagt Mörkl, "in diesem Jahr fand die erste Konferenz der International Society of Nutritional Psychiatry in den USA statt."

In den Jahren danach wurden weltweit mehrere Studien veröffentlicht, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen Ernährung und psychischem Befinden zeigen, unter anderem eine Arbeit aus Spanien. "Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass jene Personen, die sich mediterran ernährten, ein um bis zu 50 Prozent geringeres Risiko von Depressionen haben", erklärt Mörkl, die an der MedUni Graz die Spezialambulanz für Psychosomatik und Nutritional Psychosomatics leitet. Menschen, die hingegen viel Fast Food konsumieren, erkranken häufiger an Depressionen und Angsterkrankungen.

Eine Meta-Analyse kam zum selben Schluss: "Es wurden die Daten von fast 43.000 Menschen analysiert. Diese lassen kaum Zweifel: Eine Änderung des Ernährungs- und Lebensstils führt zu einer signifikanten Besserung depressiver Symptome und kann dazu führen, dass weniger Psychopharmaka oder nach einer gewissen Zeit sogar gar keine mehr notwendig sind."

Darm-Gehirn-Achse

Eine entscheidende Rolle dabei spielt die Darm-Gehirn-Achse, über die ständig Informationen vom Darm direkt ins Gehirn gelangen. Das funktioniert einerseits über den Vagus-Nerv, der innerhalb von Millisekunden Signale vom Darm ins Gehirn senden kann, andererseits über Hormone und das Darm-Mikrobiom.

In unserem Darm leben rund 100 Billionen Bakterien. Bei gesunden Menschen befindet sich die Zusammensetzung der Bakterien im Gleichgewicht. Ist dieses Gleichgewicht jedoch gestört, können krankmachende Keime überhandnehmen.

Einen wesentlichen Einfluss auf das Darm-Mikrobiom hat die Ernährung. So haben etwa fermentierte Speisen wie Sauerkraut, Joghurt oder Kimchi eine positive Wirkung. Hochverarbeitete Lebensmittel und raffinierter Zucker hingegen eine negative.

Oft kleine Entzündungen

Bei vielen psychischen Erkrankungen sind leicht erhöhte Entzündungswerte im Körper feststellbar. "Die 'Leaky Gut'-Theorie war bei psychischen Erkrankungen lange verpönt, ist aber mittlerweile wissenschaftlich akzeptiert", sagt Mörkl.

Liegt ein "Leaky Gut" vor, ist die Darmwand löchrig. Bakterien und Nahrungsbestandteile können in die Blutbahn gelangen und kleine Entzündungen hervorrufen. Dadurch wird ständig das Immunsystem aktiviert. Die Entzündungswerte sind zwar nicht sehr hoch, aber doch erhöht. Das führt einerseits dazu, dass wir uns antriebslos und matt fühlen. Denn, so die Psychiaterin: "Wenn unser Immunsystem aktiviert ist, weiß der Körper, dass es uns schlecht geht und wir Ruhe benötigen, um uns zu erholen." Andererseits kann durch diese Entzündungen aus der Aminosäure Tryptophan kaum mehr Serotonin, ein Hormon, das unter anderem Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung, den Schlaf-Wach-Rhythmus und auch die Stimmung hat, im Körper aufgebaut werden.

Normalerweise treten Entzündungen im Körper nur kurz auf. Sind sie auskuriert, ist man wieder gesund. Bei psychischen Erkrankungen ist es jedoch ein chronischer Prozess.

Kohlehydrate reduzieren

Eine Ernährungsumstellung kann eine Therapie nicht ersetzen, sollte aber Teil davon sein. "Die Ernährung ist wichtig, da wir sie brauchen, um Nervenbotenstoffe aufzubauen. Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe wirken zudem antientzündlich."

»Menschen, die sich mediterran ernähren, haben ein 50 Prozent geringeres Risiko von Depressionen«

Sabrina Mörkl, Psychiaterin an der MedUni Graz

Mörkl empfiehlt eine mediterrane Ernährung mit einem reduziertem Kohlehydratanteil von 40 bis 50 Prozent. Damit sei aber nicht Pizza und Pasta gemeint, sondern eine pflanzenbasierte Kost mit viel Obst und Gemüse, dazu Fisch und Meeresfrüchte für die Versorgung des Körpers mit Omega-3-Fettsäuren und Zink. Hilfreich ist zudem eine gute Ölquelle wie Oliven- oder Leinöl. "Viele Menschen wissen nicht, dass Sonnenblumenöl ein pro-entzündliches Öl ist, das Entzündungen fördert", erklärt die Medizinerin.

Verzichtet werden sollte hingegen auf hochverarbeitetes Essen und schnell ins Blut gehende Zucker. "Sehr viele Patienten mit Depressionen haben häufig Lust auf Süßes. Dabei schreit das Gehirn eigentlich nicht nach Zucker, sondern nach der Aminosäure Tryptophan. Etwas Zucker ist allerdings notwendig, damit das Tryptophan über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangen kann."

Langfristige Umstellung

Eine Änderung der Ernährung ist bereits nach 24 Stunden im Darm-Mikrobiom erkennbar. Um einen Effekt auf die Psyche zu erzielen, ist allerdings eine langfristige Ernährungsumstellung notwendig. "Dazu sind Motivation, Förderung der Selbstwirksamkeit und dauerhafte Verhaltensänderung notwendig. Deswegen", gibt Mörkl zu bedenken, sei die Ernährungspsychiatrie so wichtig.

Kartoffel-Tomaten-Paprika-Auflauf mit Feta und Nüssen

© Annamaria Zinnau Ein Auflauf aus u. a Kartoffeln und Tomaten tut der Psyche gut

Für 4 Personen

  • 700 g Kartoffeln
  • 250 g Tomaten
  • 250 g Spitzpaprikaschoten
  • 2 Knoblauchzehen
  • 400 g Feta-Käse
  • 1 TL getrockneter Thymian
  • 2 EL Rapsöl
  • 4 EL gemahlene Walnüsse
  • Salz und Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung

  1. Den Backofen auf 170 °C Ober-/ Unterhitze vorheizen.
  2. Kartoffeln mit Schale in einem Topf mit reichlich Salzwasser weich kochen. Wasser vorsichtig abschütten. Die Kartoffeln etwas abkühlen lassen.
  3. Tomaten und Paprika waschen. Paprika entkernen und mit den Tomaten in Würfel schneiden. Knoblauch schälen und klein schneiden. Feta würfeln.
  4. Kartoffeln schälen und in ca. 1 cm dicke Scheiben schneiden, mit etwas Salz und Pfeffer, dem gehackten Knoblauch, Thymian, Feta sowie den gewürfelten Tomaten und Paprika vorsichtig vermengen. Eine kleine Backform mit Rapsöl einfetten und mit den Walnüssen bestäuben. Die Kartoffel-Gemüse-Feta-Mischung in die Backform geben und gleichmäßig verteilen.
  5. Im vorgeheizten Backofen 20–25 Minuten fertig backen.
© riva

Das Buch
Gemeinsam mit Ernährungsberater Attila Varnagy stellt Sabrina Mörkl in "Ernährung für die Psyche: Das Kochbuch"* Rezepte vor, die die psychische Gesundheit beeinflussen.
Riva-Verlag


Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 14/2024.

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