„Jetzt werdet ihr von
richtigen Menschen verarscht“

Politische Satire hat den Wahlkampf fest im Griff

Der Satirepartei „Die Partei“ ist im deutschen Wahlkampf ein Coup gelungen. Sie hackte sich in 31 Facebookgruppen der AFD. Aus „Heimat-Liebe“ wurde „Hummus-Liebe“. Der Satirepartei gelang ein Sieg gegen die Rechtspopulisten, zu dem keine andere Partei in der Lage war. Eine Aktion voller Schadenfreude in der ernsthaften Politikwelt. Sei es durch „Die Tagespresse“, US-Late-Night-Shows oder Satireparteien: Humor wird zunehmend zum festen Bestandteil des Wahlkampfs.

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Satire im Wahlkampf - „Jetzt werdet ihr von
richtigen Menschen verarscht“

Insgesamt 31 AfD-Facebookgruppen mit 180.000 Mitgliedern wurden von der Satirepartei „Die Partei“ vor wenigen Tagen gehackt. Aus Gruppennamen wie „Heimat-Liebe“, „Frau von Storch – Fanclub“ oder „Pegida – Fanclub“ wurden „Hummus-Liebe“, „Propagandaminister Shahak Shapira - Fanclub“ und „Die Partei – Fanclub“. Die Aktion war von der Satirepartei „Die Partei“ laut eigenen Angaben seit 11 Monaten geplant. Mit Hilfe von Bots wurden Gruppen erstellt, Menschen geadded, gezielt in weitere Gruppen eingeladen und dadurch automatisiert Diskussionsräume für AfD-Anhänger geschaffen. „jetzt werdet ihr von richtigen Menschen verascht,“ so der Comedian und „Die Partei“-Mitglied Shahak Shapira im Video zur „Machtübernahme“. Wer bis vor kurzem noch mit „AfD-Werbung, Fake-News und Hetze“ beliefert wurde, bekommt jetzt AfD-Kritik in seinen Facebook-Newsfeed gespielt. Die „Spaßpartei“ verwundete die Rechtspopulisten durch die Aktion an ihrem vermeintlich stärksten Punkt, denn gerade über Social Media läuft viel im Wahlkampf der AFD ab.

Ist Satire die bessere Politik?

„Die Partei“, die ursprünglich als reines Satireprojekt von Mitgliedern des Magazins Titanic gegründet wurde, mischt derzeit stärker im deutschen Wahlkampf mit als so manch anderer politischer Vertreter. Durch ihre bissige Art und Hang zur Schadenfreude haben die Satirepolitiker eine Verunsicherung in der AfD-Anhängerschaft erreicht, die klassische Parteien durch den alltäglichen Wahlkampf, auch wenn sie dies gerne würden, vermutlich nicht erreichen können.

Humor hat in Politik und Medien Hochkonjunktur. Satire boomt im Fernsehen und so hat die Satiresendung „heute show“ im ZDF mittlerweile mehr Zuschauer als das Nachrichtenmagazin „Heute Journal“. „Die Tagespresse“, die sich selbst als „Österreichs seriöseste Onlinezeitung“ bezeichnet, schafft Mitte September den Sprung von der Website zum eigenen Sendungsformat im ORF. Für ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner bedeutet die politische Satiresendung „über intelligente Unterhaltung einerseits zu lachen und andererseits aktuelle Ereignisse in einem anderen Blickwinkel zu betrachten“.

Ein Wehmutstropfen in der politischen Satire: Der ORF lässt die Kabarettreihe „Wir Staatskünstler“ mit Ende des Jahres auslaufen. Die TV-Sendung mit Robert Palfrader, Florian Scheuba und Thomas Maurer entstand 2011 vor dem Hintergrund verschiedener Korruptionsfälle, die in Österreich bekannt wurden.

US-Late-Night Shows als Vorlage

Großes Vorbild für den heimischen Markt, sind nach wie vor amerikanische Late-Night-Shows. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump scheinen sie dem klassischen Journalismus in den USA beinahe den Rang abzulaufen. Während viele US-Journalisten nicht wussten wie sie mit dem neuen Präsidenten umgehen sollten und an seinem Umgang mit den Medien verzweifelten, füllten Late Night Shows wie „Last Week Tonight“, „The Daily Show“ oder „The Late Show with Stephen Colbert“ die Lücke. Die Sendungen treffen nicht nur humoristisch den Geschmack des Publikums, sondern überzeugen durch kritische politische Analysen. Manch eine Comedy-Sendung schafft es in 20 Minuten mehr zu erklären, als ein Nachrichtensender an einem ganzen Tag.

Lachen als Aufklärung

Politische Satire kann nicht nur zum Lachen bringen, sondern bildet. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Otto Brenner Stiftung aus dem vergangenen Jahr. „Quatsch ist dann aufklärerisch, wenn er zeigt, wie verrückt die politische Wirklichkeit ist,“ so die Studienmacher. „Wer sich über Politik lustig macht, sage damit keineswegs, dass diese nicht wichtig sei,“ heißt es zudem. Damit widerspricht die Studie dem Vorwurf, dass Satire Politikverdrossenheit fördern würde. Wie lehrreich politische Comedy sein kann, bewies auch eine Studie der University of Pensylvania aus dem Jahr 2014. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Sendung „The Colbert Report“ seine Zuschauer besser über die Wahlkampffinanzierung aufklärte, als die Nachrichtensender MSNBC, CNN oder Fox News. Er ging wiederholt auf das Thema ein und zeigte praktisch wie die Finanzierung umgesetzt wird.

Der Erfolg von Satire beweist wie wichtig ein humoristischer Zugang zu ernsten politischen Themen ist. Humoristische Beiträge überfluten parallel zu politischen Diskussionen im TV auch Twitter. Das Augenzwinkern ist nicht nur in den Medien sondern auch auf der heimischen Couch angekommen.